Sonntag, Februar 02, 2014

Monatsrückblick auf die Geschlechterdebatte: Januar 2014

Wie Lucas Schoppe in seinem aktuellen Rückblick herausstreicht, waren vor allem zwei Themen zentral für die Entwicklung der Geschlechterdebatte im vergangenen Monat. Das eine Thema ist die mediale Inszenierung von Ministerin Ursula von der Leyen und der von ihr angestrebten Interventionspolitik als progressiv:

Dass die Unterstellung nicht hergeholt ist, die Ministerin verdecke mit routiniertem Familienministerinnen-Vokabular eine militaristische Politik, zeigen Beiträge vom Ende des Monats. Zugleich spielt hier eine zentrale Frage des zurückliegenden Monats eine Rolle: inwieweit nämlich Akteure in etablierten Medien überhaupt noch daran interessiert sind, zu demokratischen Auseinandersetzungen beizutragen, oder ob diese Funktion nicht, zumindest im Internet, mittlerweile viel besser von dezentraleren Medien erfüllt wird.

(...) Einfach von "mehr Auslandseinsätzen" zu reden, ist ungefähr so, als hätte die verantwortliche Ministerin verkündet, dass deutsche Soldaten doch bitteschön in Zukunft ganz einfach häufiger auf andere Menschen schießen und häufiger getötet werden sollten. Wieso eigentlich fällt angesichts solcher Positionen einem Spiegel-Redakteur nichts anderes ein, als die Geschichte einer tapferen Frau im Macho-Land zu erzählen?


Während ich echte Empörung gegen diese Entwicklung bislang vor allem im linken Lager wahrnehme, ist im vergangenen Monat ein weit größeres geschlechterpolitisches Aufregerthema der baden-württembergische Bildungsplan gewesen. Auch hier fällt auf, dass die klassischen Medien die differenzierte Analyse der Kritik daran immer mehr unbezahlten Online-Journalisten überlassen:

Die Diskussion in Blogs dazu war differenziert, argumentierend, auch vielfältig – die Darstellung in etablierten Medien hingegen versteifte sich auf Klischees und auf den Vorwurf, dass Kritik an dem Bildungsplan nur homophob und reaktionär sein könne (...).


Schoppe weist hier darauf hin, dass die Art, wie die etablierten Medien die Themen "Aufschrei" und "Frauenquote" im Januar behandelten, kaum anders aussah. An die Stelle der kritischen Auseinandersetzung rückt reine Akklamation; viele Journalisten übernehmen die in den jeweiligen Kampagnen verbreitete Botschaft eins zu eins für ihre Artikel.

Des weiteren behandelt Schoppe den voranschreitenden Verfall der SPD und dass plötzlich das Thema Abtreibung wieder auf die Tagesordnung getreten war, nachdem die radikalfeministische Piratin Julia Schramm gefordert hatte, eine solche Abtreibung bis zum neunten Monat freizugeben. (Warum eigentlich nicht noch darüber hinaus, wenn es doch der "Autonomie der Frau" dient? Alice Schwarzer etwa bewegt sich doch ohnehin schon in diese Richtung, wenn sie dafür plädiert, zwischen der Tötung eines Neugeborenen "direkt nach der Geburt und noch bevor sein Leben beginnt" sowie der Tötung eines "bereits eigenständig lebenden Kindes oder Erwachsenen" juristisch zu unterscheiden. Im radikalfeministischen Denken ergibt diese Logik Sinn: Wer soll schon entscheiden, ab wann das Leben eines Kindes beginnt, wenn nicht die Mutter? Alles andere wäre doch patriarchale Unterdrückung.)

Zu Julia Schramms Verstiegenheiten kommentiert Schoppe:

Ansonsten zeigt schon das Beispiel Julia Schramm natürlich, dass das Internet keineswegs eine gute Gegenwelt gegen eine vermeintlich korrupte Welt der Mainstreammedien ist. Durch Vertreterinnen wie sie schafft es die Piratenpartei, dass neben ihr die etablierten Parteien plötzlich seriös und vertrauenswürdig aussehen. Gerade bei Twitter sind zudem einige One-Women-Kommandos unterwegs, die aufopferungsvoll mit dem alten Klischee aufräumen, Feminismus hätte irgendetwas mit Zivilität oder Humanität zu tun.

(...) Etablierte Medien, andererseits, können sehr viel erreichen, wenn sie sich Themen öffnen, die sie sonst verschweigen. Ein Beitrag der Zeit, in dem zwei Autorinnen unvoreingenommen die Frage stellten, ob es "Zeit für eine Männerbewegung" sei, hatte ein enormes und ganz überwiegend positives Echo – und der Beitrag darüber bei man tau wurde in kurzer Zeit zu einem der hier am häufigsten gelesenen Texte überhaupt.

(...) Umso seltsamer der Umgang der Zeit selbst mit ihrem Erfolgstext. Er war nur einen Tag lang auf der ersten Seite der Online-Ausgabe verlinkt, und obwohl er mit großem Abstand der meistkommentierte aktuelle Text des Magazins war, tauchte er in der entsprechenden Rubrik nicht auf. Offenbar hatte die Zeit Angst vor ihrer eigenen Courage – es scheint so, dass tatsächlich Mut erforderlich ist, um in etablierten Medien auch über Nachteile von Jungen und Männern zu berichten.


Lucas Schoppes vollständigen Monatsrückblick findet man hier. Ich halte dieses regelmäßige Innehalten und Zusammenfassen der gerade vergangenen Debatten für eine der erfreulichsten Entwicklungen der jüngsten Vergangenheit – neben den Blogparaden, dem Anwachsen und besseren Vernetzen der maskulistischen Bloggerszene sowie der gewachsenen Integration des Themas Schwulendiskriminierung, wenn es um Männerrechte geht.

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