Donnerstag, August 02, 2012

Wikipedia und Macht: Wie die Online-Enzyklopädie "funktioniert"

Der Amoklauf der IdeologInnen in der Wikipedia hält an. Derzeit ist vor allem Fiona Baine dabei, den Eintrag "Männerrechtsbewegung" mit aller möglichen Kritik vollzurümpeln, damit endlich mal alle kapieren, wie doof politisches Engagement für Männer ist. Derweil senden mir meine Leser aufschlussreiche Links zu anderen Quellen zu, wo sich Fachleute bereits näher mit den Seilschaften in der Wikipedia beschäftigt haben.

Der Link des Tages ist insofern das Blog "Neuraltherapie", in dem auf die Dissertation Wer definiert Wissen? von Dr. Marius Beyersdorff hingewiesen wird. Beyersdorff hat die Strukturen und Mechanismen der Wikipedia genauer analysiert und seine Beobachtung illustriert eben das, was wir gerade live miterleben:

Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung kommen Interessengruppen (...) nicht zwangsläufig von außen. Für Aufsehen sorgen vielmehr mächtige Insider aus der Wikipedia-Community, die sich im Rahmen informeller Bündnisse gegenseitig die Bälle zuspielen und Wikipedia damit zu einer teilweise geschlossenen Gesellschaft machen.

(...) Im Falle von kontrovers diskutierten Themen hängt dieser Prozess weniger von der Relevanz dessen ab, was Autorinnen und Autoren einbringen können. Von großer Bedeutung ist hingegen die informelle Machtstruktur bzw. das Netzwerk, dem Autorinnen und Autoren angehören. Nur wer Macht hat, die eigene Artikelversion durch Sperrungen schützen oder "renitente" Autoren sperren kann, der kann sich in Konflikten (Edit Wars) durchsetzen. Einzelpersonen sind dazu nicht in der Lage, auch wenn sie Admin-Rechte haben. Wer jedoch Teil eines informellen Netzwerks ist, der kann sich sogar regelwidrig verhalten, ohne Sanktionen befürchten zu müssen.


Im akademischen Bereich ist sonnenklar, dass Wikipedia-Artikel nicht als seriöse Quellen herangezogen werden dürfen. Im Alltag hingegen glauben sehr viele Menschen noch immer, sich über die Einträge in dieser Enzyklopädie mal eben schnell über bestimmte Themen informieren zu können. Für verantwortungsvolle Wissenschaftler ist es deshalb unabdingbar, immer wieder darauf aufmerksam zu machen, auf welch fragwürdige Weise die Wikipedia-Einträge zustande kommen.

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