"Die Männerrechtsbewegung muss eine politische Bewegung sein"
Seit einiger Zeit schon wird in der Männerrechtsbewegung heiß diskutiert, ob Radikalismus und verbale Kraftmeierei vielleicht kontraproduktiv sein könnten, wenn es darum geht, die Gleichberechtigung zu verwirklichen. Einen der besten Beiträge dieser Debatte lieferte ein Anonymus mit dem Nick "Leszek" in der Kommentarspalte eines Artikels auf Christian Schmidts Blog "Alles Evolution". Keine Ahnung, warum Leszek nicht längst ein eigenes Blog betreibt; die Schlüssel zu Genderama würde ich ihm jedenfalls bedenkenlos anvertrauen. Um seinen Kommentar gebührende Aufmerksamkeit zu verschaffen, möchte ich hier leicht gekürzt zitieren.
Ich habe den Eindruck, dass es nicht wenige Personen im Kontext der Männerrechtsbewegung gibt, die diese als eine Art "trivial-therapeutische Gemeinschaft" missverstehen, die es ihnen ermöglicht, unverarbeitete Erfahrungen und unangenehme persönliche Gefühle in extremen Phrasen auszuagieren. Das Resultat dieses Ausagierens ist dann aber oft weder eine tatsächliche emotionale Verarbeitung, noch eine rationale Perspektive – eher scheint das Ausagieren zur Sucht zu werden und einfache Feindbildkonstruktionen das Denken zu dominieren (ist bei extremen Feministinnen nicht anders, siehe Andrea Dworkin als prototypisches Beispiel)
Ohne grundsätzlich bestreiten zu wollen, dass die Männerrechtsbewegung durchaus auch eine – dann allerdings konstruktiv-aufklärende und von psychotherapeutischer Kompetenz getragene – psychologische und therapeutische Dimension beinhalten kann: In erster Linie muss die Männerrechtsbewegung eine politische Bewegung sein.
Vielen Personen, die sich eine zeitlang im Kontext der Männerbewegung bewegen, scheint nicht ganz klar zu sein, wie befremdlich und im Extremfall abstoßend manche dort verbreitete Kommunikationsformen und Feindbildkonstruktionen auf die Normalbevölkerung wirken. Die Normalbevölkerung aber gilt es zu gewinnen, wenn es wirklich um politischen Erfolg gehen soll. Wenn die Männerbewegung in der Öffentlichkeit als eine Bewegung wahrgenommen wird, der es vorrangig um emotionales Ausagieren und verbal-radikale Phrasendrescherei geht und nicht als eine soziale und politische Bewegung, die von moralischer Integrität, gesellschaftlichem Verantwortungsbewusstsein und politisch-strategischer Kompetenz getragen wird, dann wird die Männerrechtsbewegung scheitern. Punkt.
(...) Zweitens ist das Argument des Erfolges des Feminismus trotz des Einflusses seiner radikalen Strömungen schon deshalb absurd, weil gerade für Männerrechtler offensichtlich sein sollte, dass eine von Fanatismus, Einseitigkeit und Engstirnigkeit geprägte Bewegung, selbst wenn sie gesellschaftlichen Einfluss gewinnen würde, auf jeden Fall mehr Schaden als Nutzen bewirken würde. Von Fanatismus, Einseitigkeit und Engstirnigkeit geprägte Bewegungen können gesellschaftlich nicht viel Gutes bewirken, aus ihnen kann nichts Konstruktives und Dauerhaftes erwachsen. Sie bringen notwendigerweise wieder Gegenbewegungen hervor und sind unfähig, das Ziel des Geschlechterfriedens, der Geschlechterdemokratie, der Gleichberechtigung und -verpflichtung (oder wie auch immer man es nennen will) zu erreichen.
Beide Extreme sind zu vermeiden: Eine Männerbewegung, die ihre Anliegen nicht in deutlichen Worten artikuliert und die auf jegliche argumentative Schärfe verzichtet, wird mit dieser Strategie genauso wenig Erfolg haben wie eine Männerbewegung, die primär auf emotionales Ausagieren und Verbalradikalismus setzt.
Hätten wir gegenwärtig wirklich eine "weichgespülte" Männerbewegung, die auf jedes deutliche Wort verzichtet, dann wäre tatsächlich Kritik angebracht. Aber das Gegenteil ist doch zu häufig der Fall. Es ist doch z.B. bezeichnend, dass im Netz sogar das Gerücht entstanden ist, der Begriff "Maskulist" sei eine Bezeichnung für besonders extreme Männeraktivisten, obwohl dies mit seinen begrifflichen Ursprüngen gar nichts zu tun hat.
Der Einfluss der Männerbewegung im Netz ist m.E. ambivalent zu beurteilen. Einerseits waren Männerrechtler sehr erfolgreich darin, männerrechtliche Perspektiven bekannt zu machen: kaum eine Diskussion im Netz zu geschlechterpolitischen Themen, bei der die männerrechtliche Sichtweise nicht eingebracht wird. Das ist die Art von Graswurzelarbeit, die potentielle Erfolge vorbereitet.
Aber andererseits hat die Männerrechtsbewegung bei nicht wenigen Menschen einen schlechten Eindruck hinterlassen, wegen des lautstarken Auftretens einiger ultraradikaler und politisch problematischer Personen. Dass Gegnern der Männerrechtsbewegung solche Tendenzen hochwillkommen sind und diese dazu genutzt werden, um mit Hilfe pseudowissenschaftlicher "Expertisen" die Gesamtbewegung zu diskreditieren, muss niemanden verwundern. Man kann es dem Gegner auch wirklich leicht machen.
Eine soziale Bewegung, die sich hinsichtlich ihrer Kommunikationsformen nicht an der Normalbevölkerung ausrichtet, bleibt eben Subkultur. Nicht umsonst war es ja stets eine Strategie der herrschenden Klasse, alles dafür zu tun, um oppositionelle Bewegungen zu radikalisieren, weil diese dann nicht mehr mehrheitsfähig sind. Aus solchen historischen Erfahrungen könnte man ja lernen. Tut man aber nicht. Verbalradikalismus macht eben mehr Spaß (Sarkasmus aus).
Will die Männerbewegung eine Subkultur sein oder eine erfolgreiche soziale und politische Bewegung? Das ist hier die Frage.
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