Jungen Opfer einer männerfeindlichen Gesellschaft?
Fragt man unter Bekannten, die ein Kind erwarten, nach dem Geschlecht des Babys, hört man "Gott sei Dank, ein Mädchen" oder "es wird ein Junge", gefolgt von Achselzucken und einem ratlosen Blick. Was ist los mit der Gesellschaft, in der es scheinbar keine attraktiven Rollenvorbilder mehr für Männer gibt? Macht es vielleicht keinen Spaß mehr, ein Mann zu werden?
Vielleicht nicht. Männer werden heutzutage oft als jene jämmerliche Spezies dargestellt, über die man sich kaputtlachen kann. "Caveman" heißt das Stück über den Zeitgenossen mit Steinzeitverhalten, der unfähig ist zur Kommunikation und nur begrenzt über Fantasie verfügt. In Deutschland ist das Stück seit Jahren ein Renner, am New Yorker Broadway war es das erfolgreichste Solo-Stück aller Zeiten. Mario Barth fesselt mit seinen Sketchen über die Dusseligkeit von Männern Millionen. An fast allen deutschen Theatern fehlt es inzwischen an großen Männer-Darstellern. Der jugendliche Held ist ausgestorben. Stattdessen gibt es jede Menge Jungs im Ensemble. Auch in Film und Fernsehen schauen wir den entscheidungsgehemmten Männern zu. Männliche Jugendliche kommen oft nur als Kriminelle oder Verlierer vor. Ein geschiedener Polizist, dem die eigene Tochter nicht traut, ist dort inzwischen der Normalfall. Ebenso Lebenskrisen, vielfach beschädigte Helden und die dysfunktionale Familie, in der niemand mehr Verantwortung übernehmen will. Ist es da noch ein Wunder, dass kein Junge mehr Lust hat, so ein Mann zu werden?
Das "Hamburger Abendblatt" sinniert.
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