Freitag, Juni 27, 2008

"Save the Males" moderater Bucherfolg in den USA

Kathleen Parkers männerfreundliches Buch "Save the Males. Why Men Matter, Why Women Should Care" ist in den Verkaufscharts von Amazon.com inzwischen recht dicht an die Top-1000 herangepirscht. Damit ist das Buch zwar kein Megaseller, aber gerade im Vergleich zu ähnlichen Titeln durchaus erfolgreich.

Ein wenig geschuldet mag das dem Umstand sein, dass Parker immer wieder damit argumentiert, inwiefern die gesellschaftliche Abwertung der Männer schlecht für Frauen sei. Man hat so beim Lesen immer wieder den Eindruck, solange Frauen dadurch nicht indirekt ebenfalls zu Schaden kämen, wäre alles halb so schlimm. Immerhin: Die Argumentationsstrategie scheint zu funktionieren, und sie ist ja auch in anderen Zusammenhängen nicht ganz unbekannt. (Das Argument "Die Brandanschläge auf die Häuser von Ausländern schaden dem Ansehen und damit der Wirtschaft Deutschlands" etwa wurde hierzulande ja Anfang der neunziger Jahre durchaus gern verwendet.) Insgesamt vertritt Parker eine stark konservative Haltung, die jetzt eher auf der Linie z. B. der "Jungen Freiheit" wäre als auf meiner; beispielsweise argumentiert sie ausführlich über das Übel der Pornographie und einer sexualisierten Gesellschaft –intelligenter und überzeugender als Alice Schwarzer dies tut – und widmet ein weiteres langes Kapitel dem Argument, dass statt Frauen lieber wieder nur Männer in den Krieg ziehen sollten. Letzeres ist in der deutschen Männerrechtsbewegung wohl kaum mehrheitsfähig.

Apropos: Dass die Männer derzeit in vielem schlechter gestellt sind als die Frauen führt Parker vor allem darauf zurück, dass es keine dem Feminismus vergleichbare Männerbewegung gebe, um das System zu bekämpfen. Parker: "Ein paar haben es versucht und ein paar Websites sind aufgetaucht, damit Männer dort ihren Frust ablassen können, aber Tatsache ist, dass Männer nicht sehr gut darin sind, Koalitionen zu bilden." Das ist mal ein erfrischender Blick von außen. Und wenn ich als Insider mir einige unserer Kontroversen a la "Judäische Volksfront vs. Volksfront von Judäa" so anschaue, kann ich Parker hier nicht gerade mit Überzeugung widersprechen.

Die inhaltliche Tiefe des Buches ist eher gering, seine Aktualität ebenfalls Mittelklasse. So widerlegt Parker noch einmal lang und breit feministische Mythen, deren Widerlegungen man bereits Ende der neunziger Jahre finden konnte – so etwa die schon von René Denfeld aufgedeckten irreführenden Umfragen und Statistiken, die zu Nonsens-Ergebnissen wie "Jede vierte Frau wurde schon einmal vergewaltigt" führten. Andererseits werden ja auch diese falschen Zahlen immer weiter kolportiert, so dass es sicher wichtig ist, immer wieder zu erklären, wie sie entstanden sind. Ähnlich dankbar ist man Parker, wenn sie auf die Studien (die neusten aus dem Jahr 2007) hinweist, die erkannten, dass Gewalt in Partnerschaften überwiegend von Frauen ausgeht. Sehr aktuell ist Parker auch, wenn sie darüber berichtet, dass bei manchen Ärzten ein Drittel der Patienten mit Erektionsstörungen jünger als dreißig sind – und wenn sie eine sarkastische New-York-Times-Reportage zitiert, die von finanziell gut ausgestattete Großstädterinnen handelt, die ein Baby, aber keinen Mann haben wollen und deshalb "Sperma-Shopping" gehen (also attraktive Samenspenden auswählen): "Der nächste Bewerber ist eine Mischung aus Chinese, Peruaner und Italiener. Noch multikultureller kann man nicht sein. Aber Moment! Hat er auch Henry James gelesen? O ja! Und er mag auch Lorca und Hesse. Der Kerl hat Potential." Passenderweise sprechen diese Damen von Männern inzwischen als "Container mit zwei Beinen".

In einer weiteren Passage des Buches geht es um die derzeitige fast neurotische Besesenheit mancher Frauen von ihren Geschlechtsorganen. Damit spielt Parker natürlich nicht auf den gleichzeitig stattfindenden Trend in Deutschland an (Stichworte Charlotte Roche sowie die Weisheiten der Lady Bitch Ray), sondern die in den USA schon seit einigen Jahren etablierten
"Vagina-Monologe" Eve Enslers. Eine der Begleiterscheinungen der damit verbundenen Bewegung besteht darin, Frauen anzuleiten, das Wort "cunt" ("Fotze") selbstbewusst auszusprechen, um damit diesen negativ besetzten Ausdruck zurückzuerobern. (Ähnlich wie viele schwarze Rapper bewusst das Wort "Nigger" in ihren Texten verwenden.) Parker schreibt dazu: "Lassen Sie mich einfach nur sagen, ich bin froh, dass meine Großmütter dieses Kapitel der amerikanischen Geschichte verpasst haben. Glenn Close machte den Fotzolog berühmt, als sie im Jahr 1998 bei einer Prominenten-Benefiz-Veranstaltung 2.500 Leute dazu brachte aufzustehen und immer wieder 'Fotze, Fotze, Fotze, Fotze, Fotze, Fotze, Fotze!' zu rufen. Und danach fühlte sich jeder befreit und überall waren die Fotzen glücklich. Ich nehme an, man muss dabei gewesen sein, aber die Erwachsene in mir sträubt sich gegen die Vorstellung, sich für eine Abendgala in meine edelste Garderobe zu werfen, um sich dem unerforschten Genuss hinzugeben, ein wirklich, wirklich schlimmes Wort öffentlich zu sagen und dann kichernd zusammenzubrechen. (...) Wenn kleine Jungen das beobachtet hätten, hätten sie unweigerlich gedacht: Etwas stimmt nicht mit Mutti. Wir würden ganz sicher annehmen, etwas stimmt nicht mit Papi, wenn er und 2.500 seiner Kumpel sich in einem Stadion sammeln würde, um einander 'Schwanz!' zuzurufen und sich dann in hysterischen Lachanfällen zu kringeln. Wir würden sie festnehmen und in den Knast bringen lassen."

Alles in allem ist "Save the Males" sicher kein großer Wurf, aber eine durchaus unterhaltsame Lektüre für jeden, der am Geschlechterthema interessiert ist.

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