Dienstag, Mai 22, 2007

„Kohorte von Alphamädchen“

Als die Jungs in der Ausbildung die Mädchen hinter sich ließen, ging ein ständiges Wehklagen von „Diskriminierung“ durchs Land. Heute haben wir von Pädagogen starke Belege dafür vorliegen, dass Jungen im Schulsystem benachteiligt werden. Und wie ist die Reaktion, etwa im “Unispiegel“? Das übliche Triumphgeheul von der Frau als überlegenem Wesen:

Erst hängten Mädchen die Jungs in der Schule ab, jetzt sind junge Frauen an der Uni auf dem Vormarsch: Schneller, schlauer, fleißiger als die Männer meistern sie das Studium.


Könnten wir uns dann allmählich mal um die Männer kümmern? Also bitte! Nicht solange Frauen im Beruf noch immer schlechter bezahlt werden. Zwar sickert auch in den „Unispiegel“ ganz allmählich durch, dass das wenig mit Diskriminierung zu tun hat:

Schon beim Einstiegsgehalt herrschen deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern. In fast allen Fachrichtungen verdienen männliche Absolventen im Durchschnitt mehr als ihre Kommilitoninnen - im ersten Job teilweise über 500 Euro brutto im Monat. Zwar sagt Jutta Allmendinger, die Leiterin des IAB, dass diese Gehaltsunterschiede vor allem mit dem Arbeitszeitvolumen zusammenhingen: "Männer arbeiten einfach mehr als Frauen." Und sie steuern die zahlungskräftigeren Branchen an. Ein Politologe, der nach dem Abschluss bei einer Unternehmensberatung anheuert und dort 80 Stunden pro Woche malocht, verdient eben mehr als seine Kommilitonin, die bei einer Lokalzeitung anfängt. Doch Fakt ist auch, dass Frauen sich oft schlechter verkaufen als Männer - und von Personalchefs geringer eingestuft werden. "Frauen haben mit einem Wahrnehmungsproblem zu kämpfen", sagt Sonja Bischoff. "Sie werden bei gleicher Qualifikation anders gesehen als Männer. Die gelten als kompetenter."


Wenn man sich eine aktuelle britische Untersuchung anschaut, lässt sich das so nicht unbedingt halten. Dabei hatten Wirtschaftswissenschaftler hunderte angebliche Bewerbungsschreiben an verschiedene Firmen in unterschiedlichen Branchen gesandt und jedesmal dieselbe Qualifikation und Berufserfahrung angegeben, aber zwischen weiblichen und männlichen Absendern abgewechselt. Im Bereich Ingenieurswesen hatten die „Philips“ noch immer bessere Chancen auf ein Vorstellungsgespräch als die „Emmas“, aber die „Emmas“ lagen nicht nur bei Sekretariatsaufgaben vorne, sondern auch in den Bereichen Bankwesen und Computerprogrammierung. Es wäre interessant zu sehen, was ein ähnliches Experiment in Deutschland ergeben würde. Bis entsprechende Ergebnisse vorliegen, halte ich es, was Gehälter angeht, für weit eher entscheidend, dass Leute, die mehr arbeiten, auch besser bezahlt werden.

Immerhin scheinen diverse Trends nur bei einer Minderheit von Studentinnen auf Begeisterng zu stoßen:

Feminismus? Gender Mainstreaming? Was einst besonders im akademischen Umfeld gut gedieh, wirkt heute auf die meisten Studentinnen fremd. Hilleken Zeineddine, die Einser-Abiturientin, hat das "Gefühl, dass Frauen heute alles offensteht. Dass sie Karriere machen können, ist normal". Mit ideologischen Geschlechterdebatten kann Zeineddine nichts anfangen. "Ich finde es gut, wie die Frauen für die Gleichberechtigung gekämpft haben, aber ich beziehe das nicht auf mich", sagt sie. "Ich halte ja auch Angela Merkel nicht schon deshalb für eine tolle Bundeskanzlerin, weil sie eine Frau ist." Was eigentlich vernünftig klingt, ist womöglich ein bisschen naiv, solange Chefs einen Teil ihrer Mitarbeiter aus genau diesem Grund als zweitrangig ansehen - weil sie Frauen sind. Gerade in den Top-Etagen der Wirtschaft herrschen nach wie vor patriarchalische Verhältnisse. In den Vorständen der 30 Dax-Unternehmen sitzt Anfang 2007 gerade mal eine einzige Frau. Die übrigen 192 Spitzenmanager Deutschlands sind Männer, berufen und kontrolliert von fast ausnahmslos männlichen Aufsichtsräten.


Der logische Sprung zwischen „solange Chefs einen Teil ihrer Mitarbeiter aus genau diesem Grund als zweitrangig ansehen“ und „In den Vorständen der 30 Dax-Unternehmen sitzt Anfang 2007 gerade mal eine einzige Frau.“ – als ob das zweite automatisch ein Beleg für Ersteres wäre – macht mich immer wieder schwindelig. Offenbar muss man es aber nur oft genug wiederholen, dann erscheint es als zwingende Logik. Ein bisschen grätscht die Wirklichkeit der Ideologie zwar noch hinein, aber nur ansatzweise:

Und manche Akademikerin kann sich schon von vornherein nicht vorstellen, als Mutter in Vollzeit zu arbeiten, weil sie es zu Hause anders kennenlernte - die eigene Kindheitserfahrung scheint die Lebensentwürfe junger Frauen oft mehr zu bestimmen als die unmittelbaren Karriereoptionen.


„Manche Akademikerin“? Und dass es für Frauen eine anderen Grund als patriarchale Prägung geben könnte, sich statt für eine Siebzig-Stunden-Woche plus Kind lieber für eine reine Hausfrauentätigkeit zu entscheiden, scheint Merlind Theile kaum vorstellbar zu sein.

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