Dienstag, März 17, 2015

taz beunruhigt: Aufklärung "von rechts"

"Kampf um Zahlen: Frauen beim Lohn nicht benachteiligt" – so heißt es heute in einem Artikel von Norbert Wallet und Markus Grabitz auf der Titelseite der Stuttgarter Nachrichten:

So können Statistiken täuschen: Frauen verdienten 2014 im Durchschnitt 22 Prozent weniger als Männer, hat das Statistische Bundesamt errechnet. Am höchsten sei der Abstand mit 27 Prozent im Südwesten. Klingt deutlich, ist es aber nicht: Eine bereinigte Statistik, die berücksichtigt, dass Frauen häufiger in Branchen arbeiten, die generell schlechter bezahlt sind, und dass sie längere Erwerbspausen haben, kommt nur noch zu einer Lücke zwischen zwei und acht Prozent. Familienministerin Schwesig (SPD) leitet aus den Zahlen die Notwendigkeit eines "Entgeltgleichheitsgesetzes" ab. Dagegen gibt es Widerstand. Joachim Pfeiffer, Wirtschaftsexperte der Unionsfraktion im Bundestag, nennt das Vorhaben "reinen Theaterdonner und Klamauk". Ablehnung kam auch von den Arbeitgeberverbänden.


Der Artikel wird auf Seite 3 der aktuellen Ausgabe fortgeführt, die er zu einem Großteil einnimmt. Dort heißt es unter anderem:

Oliver Stettes vom arbeitgebernahen Institut der Wirtschaft (IW) sagte im Gespräch mit unserer Zeitung: "Wenn die Jobpause von Frauen maximal 18 Monate dauert, reduziert sich der Gehaltsunterschied zu den Männern auf weniger als zwei Prozent."


Das Zwischenfazit muss also lauten: Ja, es gibt Unterschiede in der Bezahlung zwischen Männern und Frauen, die Lohnkluft wird auch nicht geringer. Nur:Mit Diskriminierung durch lohndrückerische Unternehmen hat das alles nichts zu tun.


Von dem Artikel steht nur eine komprimierte Kurzfassung online, die mit der Aufforderung endet: "Also weg mit der Kampfrhetorik."

Weg mit der Kampfrhetorik? Das liest man bei der Berliner "taz" gar nicht gerne – und eine Widerlegung des Diskriminierungsmärchens schon gar nicht. Folgerichtig zieht Heide Oestreich an die feministische Front und schwadroniert:

Ein neuer Ton mischt sich in die Debatte: Er kommt von rechts außen und steuert direkt auf den sogenannten gesunden Menschenverstand zu.


Was daran "rechts außen" und gegen den "gesunden Menschenverstand" gerichtet sein soll, wenn man aufschlüsselt, wodurch sich der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern erklärt, wird Oestreichs Geheimnis bleiben. Immerhin versucht sie das Unmögliche und diese Kampfrhetorik irgendwie glaubhaft zu machen:

Dagegen ist nichts zu sagen, außer: es hilft gar nicht weiter. Weiter hilft zu gucken, wie diese ganzen autonomen Entscheidungen der Frauen ein System ergeben. Und wie sie in diesem System abgewertet werden. Ihre bevorzugten Tätigkeiten sind in Tarifverträgen oft unterbewertet. Die Ganztagsschule ist in vielen Regionen pure Fiktion. Der Arbeitgeber mobbt eine Mutter raus, die wieder in den Beruf einsteigen will. Und nach einer Scheidung schaut die autonome Frau betroffen in ihr Portemonnaie.


Wieviele autonome Männer nach einer Scheidung "betroffen in ihr Portemonnaie" schauen, lässt Oestreich ebenso außen vor wie dass an den allermeisten Arbeitsplätzen Frauen heutzutage keineswegs rausgemobbt, sondern zu Lasten ihrer männlichen Kollegen massiv gefördert werden.

Und was die "bevorzugten Tätigkeiten" angeht, die in "Tarifverträgen oft unterbewertet seien": Ich habe mal über meine eigenen "bevorzugten Tätigkeiten" nachgedacht und stoße dabei auf Dinge wie "für Genderama bloggen", "Schokoriegel futtern und dabei TV-Serien sehen", "Comics lesen", "mich mit guten Freunden zum Pub-Quiz treffen", "Cocktails trinken" und "Dinge tun, die für diesen Blogeintrag zu obszön sind, wenn ich nicht wieder tadelnde Mails bekommen will". Nur mit letzerem verdiene ich, wenn ich es danach zu Papier bringe, wirklich gutes Geld; alles andere ist "in Tarifverträgen unterbewertet". Das kann man natürlich auch weniger polemisch formulieren: Dinge, die Spaß machen, werden schlechter bezahlt, eben weil sie mehr Spaß machen! Wer Literaturwissenschaft studiert hat und danach hübsche Texte schreiben will, verdient nun mal weniger als jemand, der in einer sehr belastenden, schmutzigen und aufreibenden Arbeit tätig ist. Deshalb verdienen Männer mehr. Das IST gesunder Menschenverstand und nicht irgendetwas von "rechts außen", das mit dem gesunden Menschenverstand auf Kollisionskurs geht.

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