Freitag, März 27, 2015

Die männliche Angst vor dem Absturz

Man kann den Absturz der Germanwings-Maschine als eine Art Schicksalschlag interpretieren, gegen den niemand von uns wirklich geschützt ist. Man könnte aber auch zur Kenntis nehmen, dass die inzwischen vermutete Ursache an einem der großen Tabus unserer Gesellschaft rührt: männlicher Suizid und männliche Depressionen sowie deren Unsichtbarkeit, weil Männer heute wie eh und je nun einmal "funktionieren" müssen.

In seinem aktuellen Newsletter kommt Freimann.at unter der Überschrift "Die männliche Angst vor dem Absturz" darauf zu sprechen, wie sehr das Leiden von Männern in unserer Gesellschaft niedergequatscht und für nichtig erklärt wird:

Männer beziehen einen Großteil ihrer Identität aus ihrer Arbeit. Mit einer Gefährdung dieser Identität können sie schwer umgehen und können im Vergleich zu Frauen auch mit weniger psychosozialer Unterstützung rechnen. Einstellungen wie "Ein richtiger Mann hat keine Probleme" oder "Es gibt nichts Lustigeres als einen Mann, der Probleme hat" sind nicht gerade hilfreich. Der deutsche Co-Pilot, der die A 320 in Frankreich zum Absturz brachte, soll Medienberichten zufolge Depressionen gehabt haben. In einem Jahr wäre ein medizinischer Check angestanden, der bisher nur im Fünf-Jahres-Rhythmus durchgeführt wird. Man kann sich ausmalen, daß er Angst davor hatte, im Falle eines Nichtbestehens sozusagen vor dem Nichts zu stehen und daß er diese befürchtete narzisstische Kränkung nicht kompensieren konnte. Oder aber, wie der Innsbrucker Psychiater Reinhard Haller (in der "ZIB 2") vermutet, mit Antidepressiva zu kompensieren suchte, die aber gravierende Nebenwirkungen haben und diese laut Haller sein Verhalten erklären könnten. Daß aber auch anscheinend Erfolgreiche in Krisen geraten können, aus denen sie selber nicht mehr herausfinden, hat vor einiger Zeit der Selbstmord eines deutschen Fußballtorwarts gezeigt. Selbstmord ist bekanntlich eine männliche Domäne und wird wohl deshalb gewöhnlich eher achselzuckend hingenommen (und in den Medien normalerweise verschwiegen). Außer jemand reißt viele Andere mit in den Tod. Ob daraus etwas gelernt wird, muß angesichts der bisherigen Ignoranz Männerproblemen gegenüber bezweifelt werden.


Zu den wenigen, die das Schweigen zu diesem Thema durchbrechen, gehören die so leidenschaftlich verfemten und angefeindeten Männerrechtler. Einer von ihnen, der britische Politiker Mike Buchanan, widmet sich diesem Problem aktuell in der International Business Times: Male suicide scandal: UK men are paying for a system that drives thousands of them to death. Das ist in Deutschland nicht anders.

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