FOCUS interviewt Paul Nungeßer
Die FOCUS-Mitarbeiterinnen Ulrike Demmer und Susann Remke beleuchten anhand eines Interviews mit Paul Nungeßer (Genderama berichtete mehrfach), wie die Rape Culture in den USA mittlerweile aussieht. Ein Auszug aus dem Gespräch:
Können Sie sich erklären, warum Emma Sulkowicz diese Anschuldigungen gegen Sie erhebt?
Diese Frage kann Ihnen letztlich nur Emma selbst beantworten. Fakt ist aber, dass sie mittlerweile durch ihre Aktion große Bestätigung erfährt. Hillary Clinton war beeindruckt von ihrer Aktion, Emma war auf dem Cover des "New York Magazine" und hat viele Preise verliehen bekommen. Ich weiß auch nicht, warum sie sich ausgerechnet mich ausgesucht hat. Vielleicht weil ich ein leichter Gegner bin? Sie weiß, dass ich als ausländischer Student sofort das Land hätte verlassen müssen, wenn die Uni mich für schuldig befunden und exmatrikuliert hätte. Und sie weiß, dass ich mir - anders als sie selbst - keine teuren Anwälte leisten kann.
Emma Sulkowicz sagt, dass die Uni nur unzureichend ermittelt hat. Wie beurteilen Sie das Verfahren?
Die Uni hat sieben Monate lang sehr ausführlich ermittelt. Ich wurde mehr als 30-mal zu Anhörungen vorgeladen und befragt, musste unzählige Statements verfassen. Anders als in der Presse oft dargestellt, wusste Columbia sehr genau, wie viel sie bei einem Freispruch zu verlieren hatte. Amerikanische Unis riskieren den Verlust an Bundesmitteln, wenn ihnen nachgewiesen wird, dass sie in solchen Verfahren nicht sorgfältig ermitteln.
(...) Warum haben Sie so lange geschwiegen?
Ich hatte lange die Hoffnung, dass Emma den Ausgang des Verfahrens irgendwann akzeptieren würde. Stattdessen hat sie die Sache mit Hilfe ihres Beraters immer weiter eskaliert. Mit gravierenden Konsequenzen für mich: Letzten Sommer hatte ich schon einen Auftrag als Kameramann, dann war mein Name in den Medien, und der Regisseur hat mir abgesagt. "Paul, deine Geschichte ist glaubwürdig", hat er gesagt, aber er könne es sich einfach nicht erlauben, dass sein Projekt mit meinem Namen in Verbindung gebracht würde. Danach hatte ich den Eindruck, dass ich mit meiner Version an die Öffentlichkeit gehen muss.
(...) Wie ist das Leben auf dem Campus heute für Sie?
Das ist sehr bitter. Im Mai 2014 wurden sogenannte Vergewaltigerlisten an die Toilettenwände geschmiert und auf Veranstaltungen entsprechende Flyer verteilt. Unter den vier Namen war auch meiner, ich wurde als Serienvergewaltiger verleumdet. Mein Name tauchte in der Uni-Zeitung auf, danach wusste auf dem Campus jeder, wer ich war. Von den 300 bis 400 Leuten, mit denen ich vorher freundschaftlichen Kontakt hatte, halten heute fast alle Distanz, und zwar nicht weil sie wirklich glauben, ich hätte jemanden vergewaltigt, sondern weil sie Angst vor negativen Konsequenzen haben, wenn sie mit mir gesehen werden.
(...) Die Uni unterstützt das Matratzen-Projekt. Es ist Sulkowiczs Abschlussarbeit.
Das ist ungeheuerlich. Die Uni hat sogar eine Richtlinie erlassen, dass sie mit der Matratze in die Bibliotheken darf. Dabei hat die Uni mich freigesprochen. Sie müsste sich öffentlich vor mich stellen und diese Diffamierungskampagne beenden.
Hier findet man das vollständige Interview.
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