Friedrich-Ebert-Stiftung veröffentlicht neue Kampfschrift gegen Männerbewegung
Mit dem "Maskulismus" trat in den vergangenen Jahren ein ebenso widersprüchlicher wie gefährlicher Akteur in die geschlechterpolitische Diskussion.
Mit diesem Satz, der bereits klar macht, wohin die Reise geht, hat die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung dieser Tage eine neue Kampfschrift gegen die erstarkende Männerrechtsbewegung herausgegeben: Maskulismus. Antifeminismus zwischen vermeintlicher Salonfähigkeit und unverhohlenem Frauenhass. Verfasser ist Robert Claus, Magister der Genderstudien und Lehrbeauftragter der Humboldt-Universität in Berlin.
Ich denke, schon jetzt wird so ziemlich jeder Genderama-Leser Verständnis dafür haben, dass ich nicht die geringste Lust habe, mit einer Zusammenfassung und Analyse von diesem Quatsch meine Zeit zu vergeuden. Eine nähere Auseinandersetzung mit den zentralen Werken der maskulistischen Literatur fehlt in Clausens Schrift bis auf einige wenige Alibi-Zitate praktisch durchgehend; dasselbe gilt für eine Erwähnung zentraler maskulistischer Aufgabenfelder: vom Engagement für eine antisexistische Anwendung von Menschenrechten bis hin zur Bekämpfung sexueller Gewalt. Der von mir vertretene linke Maskulismus wird zwar in einem eigenen Kapitel erwähnt, ansonsten macht Clausens Kampfschrift über meine Veröffentlichungen aber weitgehend einen großen Bogen – andernfalls könnte er anhand z. B. meiner Interviewpartner vom Transgender über den Schwulen bis zum Hausmann seine zentrale These, es ginge dem Maskulismus um das Aufrechterhalten klassischer Männlichkeitsbilder, nicht halten. In den wenigen Fällen, wo Claus auf meine Veröffentlichungen eingeht, wird seine Interpretation grotesk. So heißt es auf Seite 83 der Schrift über mein Interview mit dem linken Männerrechtler und Sozialpädagogen Wolfgang Wenger:
Nichtsdestotrotz sind derlei Erscheinungen aufgrund ihres vermeintlich entschärften Antifeminismus sowie ihres weiterhin positiven Bezugs auf den Begriff des Maskulismus gefährlich. Denn es darf zugleich in Frage gestellt werden, ob die Vorstellung männlicher Überlegenheit nachhaltig überwunden ist. Schon für sein Buch "Männerbeben. Das starke Geschlecht kehrt zurück" im Jahre 2007 interviewte Hoffmann Wenger, welcher den von ihm veranstalteten Kurs "Mannsbilder" mit dem Fokus "männliche Archetypen" (z. B. "Krieger, Narr, König") berichtete. Dem ist eine deutliche Naturalisierung von Männlichkeit inhärent, welche in einem Buch mit besagtem Titel zurecht den Verdacht erweckt, dass hinter moderateren Tönen aggressive Gedanken männlicher Herrschaft verborgen sind. (...) Keinesfalls darf vorschnell und aufgrund vermeintlich moderaterer Töne eine gesellschaftliche Salonfähigkeit bescheinigt werden.
Wow.
Man weißt nicht, worüber man sich hier mehr wundern soll: darüber, dass Claus sich in eine Position phantasiert, in der er darüber entscheiden darf, was "gesellschaftlich salonfähig" ist? Oder darüber dass die "Gefährlichkeit" und "Aggressivität" einer Bewegung damit begründet wird, dass ein in ihr wirkender Sozialpädagoge Jungen in Rollenspielen Figuren wie Krieger, König und Narr darstellen lässt?
Nein, sorry, ich bin mir sicher, zu dieser Schrift werden noch einige Blog- und Forenbeiträge erscheinen, aber für mich ist das verschwendete Zeit. Lediglich ein Satz, von Seite 84 dieses Pamphlets, gefällt mir richtig gut:
Feminismus, Geschlechterforschung und gleichstellungspolitische Projekte werden in den kommenden Jahren um eine Auseinandersetzung mit dem Maskulismus nicht herumkommen.
Darauf zumindest können wir uns in der Tat schnell einigen.
Ansonsten gebe ich für einen spontanen Kommentar dem maskulistischen Publizisten und Mitherausgeber des Blogs Cuncti Kevin Fuchs das Wort. Fuchs stößt sich zunächst einmal daran, dass auch diese Kampfschrift allen Ernstes als wissenschaftliche Arbeit verkauft werden soll:
Ich habe das Ding noch nicht gelesen (werde ich aber noch). Aber allein das Vorwort der Friedrich-Ebert-Stiftung zeigt, dass es sich um einen rein politisch motivierten Auftragsjob handelt. Es ist schon auffällig, wie viele wertende Begriffe und Wendungen in den zwei DIN A5 Seiten auftauchen:
progressiv, reaktionär, hasserfüllter Konfrontation, dezidiert frauenfeindlichen Stimmen, aggressiv Gehör verschaffen, die „wahren Opfer“, Sturm der Entrüstung, Shit-Storms, [verbale] Ausfälle, frauenfeindlichen Verbalausfällen, aggressive Lobbygruppe, verbale Dauer-Amoklauf, Debatte vergiften ...
Solche Vokabeln haben in einer "wissenschaftlichen" ergebnisoffenen Untersuchung (auch in deren Vorwort) nichts zu suchen.
In der zweiten Hälfte des Vorworts wird über ein "großes Sendungsbewusstsein" der maskulistischen Bewegung gemutmaßt. Gleich im nächsten Absatz werden wir über das Sendungsbewusstsein der Friedrich-Ebert-Stiftung aufgeklärt: "Auf jeden Fall erscheint es uns aus geschlechterdemokratischer Perspektive ratsam, argumentativ und analytisch gegen jegliche Versuche gewappnet zu sein, einen geschlechterpolitischen Backlash herbeizuführen. Aus diesem Grund haben wir den Wissenschaftler Robert Claus damit beauftragt ..."
Am Ende des Vorworts erfahren wir: "Denn der Maskulismus ist eine 'Bewegung' voller Widersprüche und Konflikte. Und diese treten immer deutlicher zutage."
Für diese immer deutlicher werdenden Widersprüche habe ich eine andere Erklärung: Die Heinrich-Böll-Stiftung hat da mal einen Rosenbrock eine Expertise machen lassen, die auf genau denselben Voreingenommenheiten und Prämissen aufbaute. Das Ergebnis war eine "Studie", die schlicht daran krankte, dass der Forschende sich mit seinem eigentlichen Forschungsgegenstand gar nicht beschäftigt hat. Statt dessen hat er sich um seine eigene Weltachse gedreht, indem er bewusst oder unbewusst sich aus den Untiefen des Internets genau die Fetzen herausgezogen hat, die zu seinen Prämissen passten. Ilse Lenz macht das genauso - von der hat er es ja auch gelernt.
Nachdem die Arbeit vollendet war und ausgiebig darüber diskutiert worden war - ja da waren die Verwirrung und die Widersprüche halt eher größer geworden. Diese Widersprüche haben die Maskulismusforscher aber selbst produziert. Die blicken nicht mehr durch. Und jetzt werden sie die Verwirrung noch größer machen, indem sie wieder den gleichen Unfug zusammenbauen.
Allein in diesem Vorwort wird deutlich, dass die Friedrich-Ebert-Stiftung so gerne gegen einen Feind kämpfen möchte, ohne so richtig zu wissen, gegen welchen. Zwischen den Zeilen (der Wortwahl nach) habe ich aber den Eindruck, dass die Friedrich-Ebert-Stiftung nur defensiv denkt. Es geht um die Wahrung von etwas Bestehendem (eigene Pfründe, Deutungshoheit etc.). Dieses Defensivdenken der Friedrich-Ebert-Stiftung sollte unser Vorteil sein.
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