Professor Gerhard Amendt: Inwiefern das Scheitern Susanne Gaschkes symptomatisch für unsere Gesellschaft ist
Vor kurzem hatte Genderama über den theatralischen Abgang der als Politikerin gescheiterten feministischen Journalistin Susanne Gaschke berichtet. Jetzt hat Professor Gerhard Amendt auf der Website von AGENS eine, wie ich finde, starke Analyse dieses Vorgangs und seines Hintergrundes veröffentlicht. Amendt zufolge rührt die von Gaschke bei ihrem Abgang sehr offen zur Schau gestellte
tiefe Kränkung aus einer narzisstischen Wesensverletzung: weil sie eine Frau ist, hätte ihr die Kultivierung der Kieler Parteienszene "natürlich" gelingen müssen. Darin nur persönliches Sendungsbewusstsein zu sehen, das sich mit Anmaßung, Hochmut oder Trotz abzutun lässt, verfehlt den Kern der Niederlage. Denn Susanne Gaschkes Entsetzen scheint sich weniger am Zweifel an ihrer Qualifikation als allein an dem erschütterten Sendungsbewusstsein entzündet zu haben. Als Neuling Fehler einzuräumen, war ihr deshalb nicht möglich. Sie sah ihre politische Vorstellung vom heilenden "Wesen der Weiblichkeit" in Frage gestellt, das als Biologismus, eben Essentialistisches mitschwingt. Der Feminismus hat solchen Essentialismus strikt bekämpft, und mit Simone de Beauvoir als Weibliche als "Gemachtes" deklariert. Das wurde in Kiel rückgängig gemacht und in die remythologisierende Wiederauferstehung gezwungen. Damit bewegt sich Susanne Gaschke in der Tradition jener mächtigen Strömung des Feminismus, die besagt: Entweder die Frauen erlösen die Gesellschaft von allem Übel oder die Gesellschaft geht zugrunde. Denn: "Die Zukunft ist weiblich." Dabei wird sie sich auf den Programmsatz ihrer Partei, die SPD, berufen können. Denn dort heißt es wörtlich: Wer die menschliche Gesellschaft will, der muss die männliche überwinden. Deshalb hat sie die CDU-Frauen während ihrer atemlosen Rede zum Wechseln auf die Seite der Zukunftsträchtigen zu ziehen versucht. Sie wollte zur Erlöserin Kiels von einer rüden Funktionärskultur werden. Wer das Schwert der Aufklärung und lebensweltlichen Kultivierung so heftig schwingt, der muss im Scheitern sein Selbst- und Sendungsbewusstsein heftig kränken. Diesem Eindruck kann sich niemand entziehen, der ihre Rede gehört hat.
Die harte Landung nach dem "linden Klima" in der ZEIT-Redaktion steht in der Tradition einer eher gehässigen und besserwisserischen Debatte über Geschlechterbeziehungen. Nur werden die in der Zeit von vielen Männern geschluckt oder zähneknirschend hingenommen. Allein das trug dazu bei, dass sich die Illusion eines milden Klimas einstellen konnte. Und abermals zeigt sich, dass Sprachlosigkeit wie vielberedtes Schweigen von Männern nicht mit schweigender Zustimmung verwechselt werden sollte. Die Illusion des milden Klimas basierte nämlich auf der Nichtanerkennung von Vorstellungen der Männer über Geschlechterarrangements.
Wer Susanne Gaschkes zurückliegende Äußerungen zur Frauenquote heranzieht, aber nicht nur die, der stößt stets darauf, dass sie Männern Qualifikationen abspricht und ihnen stattdessen testosterongesteuerte Motive unterstellt. Und die seien nun alle gegen Frauen gerichtet. Sie spricht Männern damit zweckrationales Handeln ab, das die Grundlage unserer gesellschaftlichen Produktivität und unseres Wohlstands ist. Denn wäre die Welt frei von "Testosteron", dann gäbe es keinen technischen Fortschritt. Testosterone zerstören nach Gaschke die Welt. Sie tut Männern in härtester Form an, was ihr in Kiel zugefügt wurde. Während Männer in der ZEIT dazu schweigen, nur vereinzelt dringt etwas nach draußen, empört sie sich lautstark und gibt das Opfer. Was sie als "lindes Klima" ausgibt, hat sie den Gegenwind nicht spüren lassen, der zeitlich verzögert als Orkan über sie hereinbrach. Und genau das könnte zum Modell für anstehende Geschlechterkonflikte werden. Obwohl die meisten Männer zu der sie umgebenden Vorwurfskultur schweigen, so bewahrheitet sich, dass ihr Schweigen nur über ihre Kränkungen und ihren Ärger hinwegtäuscht.
Passenderweise legt Professor Gerhard Amendt just zu diesem Thema ein neues Buch vor, das Mitte November erscheinen wird: Von Höllenhunden und Himmelswesen. Plädoyer für eine neue Geschlechter-Debatte.
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