Mittwoch, Juni 04, 2008

Lesermail (Zahlenmagie)

Die folgende Mail erreichte mich heute morgen:

Hallo, Herr Hoffmann

Beziehe mich auf den Eintrag "Frauenministerium will Propaganda zur häuslichen Gewalt in die Schulen tragen".

Auf die Gefahr hin, daß ich nichts wirklich Neues beitrage, aber mir ist bei den Statistiken, die das Frauenministerium veröffentlicht hat, ein Widerspruch aufgefallen:

BmfFSFJ: "Etwa jede vierte Frau, die in Deutschland lebt, ist selbst schon einmal Opfer von Gewalt geworden. Das belegt eine Studie im Auftrag des Bundesfamilienministeriums aus dem Jahr 2004. Und: Gewalt gegen Mütter trifft immer auch deren Kinder:"

Warum man eine Studie aus dem Jahr 2004 bemüht, statt eine aus dem Jahr 1950 zu nehmen, die bestimmt "schönere" Zahlen hätte liefern können, interessiert uns mal nicht. Wir halten einfach fest: Jede vierte Frau.

BmfFSFJ: "57 % der Befragten gaben an, die Kinder hätten die Gewaltsituationen gehört; 50 % sagten, die Kinder hätten sie gesehen."

Jetzt sind's schon mindestens 57 % der Befragten, die die offenbar existierende Gewaltsituation nicht vor ihrem Kind geheimhalten konnten, oder? Es ist ja zwischendurch nicht davon die Rede, daß das die Exegese einer anderen Studie, oder nur eine Teilgruppe 25 % aus dem ersten Satz sei - nein, es ist von 57 % der Befragten die Rede.

[...]

BmfFSFJ: "Mädchen, die in ihrer Kindheit und Jugend körperliche Auseinandersetzungen zwischen den Eltern miterlebten, haben im Erwachsenenalter mehr als doppelt so häufig selbst Gewalt durch (Ex-)Partner erlitten als Frauen, die im Kindesalter keine Zeuginnen elterlicher Gewalt geworden sind."

Das ist eigentlich schon ein sehr derbe unverschämtes Konstrukt: Die (Ex-)Partner wißen ja nicht, wer als Kind schon mal Gewalt miterlebt hat. Um diese Behauptung aufrecht zu erhalten, müßte die Ursache der Gewalt also tatsächlich bei den Opfern liegen. Abgesehen davon beobachten wir hier, daß es zwei Arten erwachsener Frauen gibt: Die einen sind Zeuginnen elterlicher Gewalt, die anderen nicht; der Zusammenhang ist der, daß diese "mehr als doppelt so häufig" Gewalt erführen, als jene. Also: 100% der Frauen sind Opfer von häuslicher Gewalt, nur manche nicht so häufig, und durch die Rekursion, daß die Täter jeweils die nächste Generation der Opfer heranzüchten, steigt sie auch noch an.

Behalte mir natürlich vor, daß ich peinlichen Unaufmerksamkeiten aufgesessen bin und Hinweise darauf, daß die Zahlen doch konsistent sind, übersehen habe.

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