Fachkräftische Gedanken zur feministischen Sprachverwirrung
Normalerweise geht es in Genderama ja um News und nicht um analytische Debatten. Dabei kommt eines meiner Lieblingsthemen, die feministische Sprachkritik („Liebe Bürgerinnen und Bürger ...“), häufig etwas zu kurz. Deshalb folgt hier zur Abwechslung einmal keine News, sondern ein Langzitat, das ich sehr hübsch finde.
Allerdings sollte man sich nichts vormachen; eine durchgehende grammatische Gleichbehandlung von Männern und Frauen stößt auf grundsätzliche Schwierigkeiten. So gelingen etwa Rückbezüge nicht ganz befriedigend: Man konnte drei Wanderer ausmachen. Eine/Einer davon war eine Frau mittleren Alters. Oder: Ilse Aichinger war die erste österreichische Autorin, die diesen bedeutenden Preis erhielt. Unklar bleibt: War sie die erste der Autorinnen oder die erste der Autorinnen und Autoren?
Immerhin hatten die Abgeordneten des NRW-Landtages 1990, als dieses Thema noch heißer war, ihr Treugelöbnis schon gegen jedermensch abzugeben. (Und jefrau und niefrau?)
Und wie sieht es mit der grammatischen Konsequenz bei Ableitungen aus? göttinlich, teuflinisch, freundinlich, kämpferinisch bzw. frauscheln, überfrauen oder gar entfrauen?
Aber: Wäre dann das -in nicht selbst schon diskriminierend – als ein Anhängsel (und nahezu albern bei der real existierenden Amtmännin)?
Gelegentlich wird versucht, das Problem der Umständlichkeit zu umgehen statt zu lösen – durch „geschlechtsbereinigte“ Ausdrücke, etwa Studierende statt Student(inn)en, Fachkraft statt Fachmann/Fachfrau. Aber akzeptierte man gleichermaßen ein fachkräftisches Urteil?
Und was wird aus Sandmännchen, Hampelmann, Biedermann, Spitzbube oder Hanswurst? Will man/frau sich dann konsequenterweise auch von einem Sandweibchen Sand in die Augen streuen, sich von irgendwelchen Biederfrauen und Spitzschlampen zur Hampelfrau respektive zur Johannawurst machen lassen?
Quelle: Klaus Mackowiak: Die 101 häufigsten Fehler im Deutschen. Beck 2004, S. 37
Labels: feministische Sprachkritik
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