"EKLAT BEI ERSTER JUNGENKONFERENZ" (und andere News)
Wir beginnen diesmal mit einem richtig hübschen taz-Artikel - schon der einleitende Absatz sagt eigentlich alles: „Es hat lange gedauert, ehe die Lese- und Lernblockaden von Jungen zum Konferenzthema wurden. Als es gestern endlich so weit war, kam es prompt zu einem kleinen Eklat. Stefan Wendel, Lektor des Thienemann-Verlags, erläuterte gerade, dass dröge Themen männliche Jugendliche kaum fürs Lesen begeistern könnten. `Sobald aber von Masturbation die Rede ist …´, sagte Wendel - da entzog ihm das Publikum das Wort. `Das möchte ich nicht hören´, echauffierte sich eine Teilnehmerin, `der Herr soll zum Thema zurückkehren.´“ Und auch im Rest des Beitrags wird überdeutlich, dass gewisse „feministisch überkorrekte“ (Originalton taz!) Pädagoginnen einiges an Verantwortung für die Leseunlust unserer Jungs zu tragen haben. Die frechen Buben wollen nämlich allen Ernstes lesen, was ihnen gefällt und was ihrer Sprache entspricht, und entwickeln wenig Begeisterung für politische Indoktrination und Sprechverbote. Leider ist so viel Aufmüpfigkeit und Eigensinn „im Lehrplan nicht vorgesehen“.
Die Debatte um Eva Herman geht kurz vor ihrer Buchveröffentlichung munter weiter. Ich selbst finde die Feminismuskritik dieser Moderatorin eher ... durchwachsen. Den Mann anschaffen gehen zu lassen, während die Frau zu Hause Apfelkuchen bäckt, ist für mich eher nicht so das Idyll, das Frau Herman sich auszumalen scheint. Recht geben würde ich ihr andererseits darin, dass es unsinnig ist, Männer zu ungeliebten Aufgaben umerziehen zu wollen – und dass die weitaus größte Zahl aller Hausmänner-Ehen scheitert, ist keine Phantasie Eva Hermans, sondern Fakt. Gut, und dass es eine positive Entwicklung wäre, wenn manche Frauen öfter mal den Mund halten würden, scheint mir unstrittig zu sein. (Dennoch ging diese Forderung gestern quer über die Titelseite der „Bild am Sonntag“.) Bemerkenswert jedenfalls ist weiterhin, dass Feminismuskritik vor allem dann öffentlich wahrgenommen wird, wenn sie wenig analytisch und eher hausbacken daherkommt – und dass ausgerechnet über Äußerungen, die beispielsweise ntv als ”hanebüchenen Blödsinn” abwatscht, „Handelsblatt“, „Welt“, „Stern“, „Focus“, „Frankfurter Rundschau“, „Kölner Stadtanzeiger“, „Hamburger Abendblatt“ und „Spiegel Online“ dennoch unbedingt berichten müssen. Woher kommt diese Massenhysterie, wenn Hermans Thesen angeblich so wirklichkeitsfremd sind, dass man sie genausgut ignorieren könnte? Hat das am Ende etwas mit der ”überwältigenden Zustimmung” in Briefen und Mails zu tun, von der Herman berichtet? Während ich diese Zeilen schreibe, ist ihr noch nicht erschienenes Werk auf Platz 9 der Amazon-Charts.
Positioniert sich der Geschlechterkampf im Buchmarkt eigentlich auch sonst neu? Das ”Jahrbuch für Autoren 2005/2006” zitiert Julia Schade, Programmchefin des S.-Fischer-Verlags, mit den Worten: Während es früher darum ging, das Leben der selbständigen Frau, die sich gegen den Mann durchsetzt, darzustellen, „wollen heute Frauen nicht mehr gegen Männer aufgehetzt werden“. Das ist schön – und schön ist auch, wenn man heute einsieht, dass eine solche masive Männerhetze in unseren Verlagen stattgefunden hat. Die leidtragende Generation waren wir.
Nicht dass sich das Blatt bereits grundsätzlich gewendet hätte: „Männer werden nicht ernst genommen“ kann man in der ”Märkischen Allgemeinen” lesen – in einem durchaus gelungenen Artikel über Väter, die sich dagegen wehren, nach einer Trennung ihre Kinder zu verlieren.
Währenddessen ist Kim Basinger meines Wissens die erste Berühmtheit, die vor Gericht zitiert wird, weil sie dem Vater ihrer Tochter seine Besuchsrechte verweigert.
Einige Resonanz gab es auf den im letzten Blogeintrag verlinkten Bericht über fragwürdige Methoden von Jugendämtern. Stefan Sasse hat dazu einen Kommentar verfasst: ”Wehe, wenn sie losgelassen!”
Auch die Debatte um ein Gedenken lesbischer Opfer von Nationalsozialisten geht weiter. Nilokaus Bernau antwortet in der ”Berliner Zeitung” Alice Schwarzer.
Und noch ein hübscher taz-Artikel als Rausschmeißer: ”Wie denkt die grüne Frau?” (Spötter behaupten, in dieser Frage sei das Wörtchen "wie" zuviel.) Diese Mini-Reportage gibt vielleicht doch noch die eine oder andere Antwort auf die Frage, warum Eva Hermans „hanebüchener Blödsinn“ in den Bestsellerlisten steht.
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