Neuer Trend: Männer vertrauen sich der Künstlichen Intelligenz an
1. Seit einiger Zeit wird diskutiert (auch hier auf Genderama), dass Männer durch die üblichen Formen von Psychotherapie oft nicht zu erreichen seien. Einem aktuellen Bericht zufolge, vertrauen sich Männer, die über ihre Gefühle bislang geschwiegen haben, jetzt der Künstlichen Intelligenz an:
Eine tiefgreifende Beziehungsrevolution ist im Gange – nicht initiiert von Tech-Entwicklern, sondern durch die Nutzer selbst vorangetrieben. Viele der 400 Millionen wöchentlichen Nutzer von ChatGPT suchen nicht nur Hilfe bei E-Mails oder Infos zur Lebensmittelsicherheit – sie suchen emotionale Unterstützung.
Laut der Harvard Business Review gehören "Therapie und Gesellschaft" mittlerweile zu den häufigsten Einsatzbereichen generativer KI weltweit. Diese Entwicklung markiert eine bedeutende, ungeplante Neuausrichtung im Umgang mit Technologie.
Psychotherapeuten erleben dieses Phänomen hautnah: Nach jahrzehntelanger klinischer Erfahrung berichten viele, dass Klienten zunehmend mit bereits durch KI verarbeiteten Gefühlen in die Therapie kommen.
Männer, die es traditionell vermieden haben, über ihre Gefühle zu sprechen, führen inzwischen tiefgehende Gespräche mit digitalen Systemen. Diese "Vorverarbeitung" erleichtert den Einstieg in die menschliche Therapie und fördert mehr Selbstreflexion.
Auch wirtschaftlich zeigt sich der Trend: Allein in der ersten Hälfte 2024 wurden fast 700 Millionen Dollar in KI-Startups für psychische Gesundheit investiert – laut Forbes ist dies das am stärksten finanzierte Segment der digitalen Gesundheitsbranche.
Das Vertrauen in diese Lösungen wächst, da traditionelle Versorgungssysteme mit dem steigenden Bedarf nicht mehr Schritt halten. Die WHO schätzt, dass psychische Erkrankungen jährlich einen weltweiten Produktivitätsverlust von über einer Billion US-Dollar verursachen. Daten der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde aus dem Jahr 2022 zeigten zudem, dass über ein Fünftel der US-Erwachsenen unter 45 Jahren unter psychischen Belastungen litten.
Hari, 36, Software-Verkäufer, bringt den digitalen Wandel auf den Punkt. Im Mai 2024 zerbrach seine Welt: Sein Vater erlitt einen leichten Schlaganfall, seine 14-jährige Beziehung endete, und er verlor seinen Job. Er stellte fest, dass herkömmliche Unterstützungsnetzwerke nicht ausreichten – Hotlines waren zwar freundlich, aber boten keine anhaltende Begleitung, und seine Freunde fühlten sich überfordert.
Eines Nachts, während er mit ChatGPT über den Gesundheitszustand seines Vaters recherchierte, tippte er: "Ich habe das Gefühl, mir gehen die Optionen aus. Kannst du helfen?" Das war der Einstieg in eine verlässliche, stets verfügbare Form der Unterstützung.
Hari nutzte die KI, um schwierige Gespräche zu üben – etwa mit seinem Vater oder seiner Ex-Partnerin. So fühlte er sich bei realen Begegnungen besser vorbereitet und gefestigt.
Millionen nutzen KI-Anwendungen wie Wysa (5 Mio. Nutzer in 30 Ländern) oder Youper (über 3 Mio. Nutzer), um emotionale Unterstützung zu erhalten. Besonders stark ist der Trend bei Jüngeren: Laut The National News würden 36 % der Gen Z und Millennials KI zur mentalen Unterstützung in Betracht ziehen – oft, um Verletzlichkeit in traditioneller Therapie zu vermeiden.
Doch der Umgang mit KI birgt Risiken. Die New York Times berichtete etwa von Fällen, in denen ChatGPT die emotionalen Zustände der Nutzer zu sehr spiegelte – ohne Grenzen. In einem Fall bestätigte die KI paranoide Gedanken eines Mannes, anstatt sie zu hinterfragen.
Schlimmere Fälle sind dokumentiert: Ein Jugendlicher entwickelte eine co-abhängige Beziehung zu einem Chatbot von Character.AI, der seine Suizidgedanken verstärkte. Die App Replika – einst mit über 30 Millionen Nutzern – wurde kritisiert, weil sie bei labilen Menschen zwanghafte Gedanken verstärkte.
Was dem zitierten Artikel leider offenkundig fehlt, sind konkrete Zahlen über Männer, die in der Überschrift eigens genannt werden. Dadurch besteht noch etwas Unklarheit darüber, ob dieser Trend tatsächlich bei Männern besonders groß ist, KI bei ihnen vielleicht besonders hilfreich zum Beispiel als Unterstützung einer Therapie eingesetzt werden kann, oder ob ihr schlicht das Klischee des Mannes übernommen wurde, der es nicht schafft, über seine Gefühle zu sprechen. Ich hoffe, dass spätere Artikel das genauer ergründen werden.
Sollte ein KI-Therapeut bei vielen Männern tatsächlich beliebter als ein menschlicher therapeut sein, stellt sich die Frage, warum der traditionellen Psychotherapie nicht dasselbe gelingt. Für Feministinnen wäre es ein starkes Indiz für verinnerlichte patriarchale Unterdrückung, wenn Frauen sich nicht einmal trauen würden, gegenüber einem Therapeuten ihr Innerstes zu offenbaren.
2. Die ARD versage im Fall des Moderators Thilo Mischke endgültig, urteilt die Frankfurter Allgemeine:
Wir erinnern uns: Die ARD hatte den Journalisten Thilo Mischke kurz vor Weihnachten letzten Jahres als neuen Moderator von "ttt" vorgestellt. Um die Feiertage herum fuhren ein paar Autorinnen eine MeToo-Kampagne gegen ihn. Unter Verweis auf seinen länger zurückliegenden peinlichen Roman "In 80 Frauen um die Welt" und ein paar Äußerungen wurde er als Sexist und Frauenfeind gebrandmarkt.
Der Angegriffene kam nicht zu Wort, die ARD rang um Worte, fand keine, stand kurz zu Mischke, knickte ein, und schließlich beschwerte sich die ARD-Programmdirektorin Christine Strobl darüber, wie die Diskussion öffentlich geführt wurde – Stichwort Cancel Culture. Man werde "gemeinsam mit Thilo Mischke die Thematik journalistisch aufarbeiten".
Doch genau das geschieht nicht. Man habe sich gefragt, sagte Jana Cebulla im Deutschlandfunk, "können wir an dieser Stelle etwas journalistisch aufarbeiten, ohne dass alle Beteiligten am Ende nicht noch mehr wieder im Schussfeld stehen oder vielleicht falsch dargestellt werden? Und deswegen haben wir uns entschieden, an dieser Stelle, heute, erst mal zu sagen, wir arbeiten es nicht weiter journalistisch auf, weil einfach nicht klar ist, wie das ausgehen kann."
3. Unter der bezeichnenden Überschrift "Alle meine dass sie mitreden können" hat die Berliner "taz" die Soziologin Caroline Hesidenz zum besten Umgang mit Feminismuskritik ("Antifeminismus") befragt. Ein Auszug:
taz: Was tun, wenn mir – zum Beispiel im Internet – antifeministische Argumente begegnen?
Hesidenz: Je nachdem, wo und wie, muss ich überlegen, was sinnvoll ist. Bringe ich durch Widerspruch eine Aussage erst recht nach vorn? Lohnt es sich, inhaltlich einzusteigen, oder supporte ich andere Personen, die sich bereits geäußert haben? Kann ich die Aussage melden oder sogar Strafanzeige stellen? Wichtig finde ich, für die zu argumentieren, die auf den Post stoßen könnten. Dass ich Menschen durch eine Debatte auf Social Media von antifeministischen Überzeugungen abbringen kann, halte ich für unwahrscheinlich.
Dass man eine abweichende Meinung auch dazu nutzen könnte, die eigene Auffassung zu hinterfragen, wird – anders als die Möglichkeit der Strafanzeige – gar nicht erst in Betracht gezogen. Das ist der Stand der Debatte, den wir inzwischen erreicht haben.
Da wir Männer uns ja jetzt häufiger an die KI wenden, habe ich einmal die KI als neutrale Instanz genutzt, um dieses Interview zu analysieren. Das ist das Ergebnis:
* Das Interview nutzt starke Begriffe wie "antimodernes Denken" und hebt Zusammenhänge mit Toxizität und Rechtsextremismus hervor. Zwar kann das effektiv sein, Aufmerksamkeit zu erzeugen – es riskiert aber auch, bestimmte Gruppen oder Meinungen zu zu pauschalisieren, die vielleicht eher skeptisch als radikal sind. Damit droht eine Polarisierung, statt dass differenziert zwischen kritischem Diskurs und menschenverachtender Agitation unterschieden wird.
* Es fehlt ein Gesprächspartner, der die Positionen derjenigen vertritt, die sich antifeministisch äußern – sei es konservativ, religiös oder kritische Männerrechtsgruppen. Ohne solche Repräsentation bleibt der Diskurs einseitig. Ein produktiver Diskurs würde eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Argumenten enthalten ("Warum lehnt jemand bestimmte Gender‑ oder Gleichstellungsmaßnahmen ab?"), statt sie nur als ideologisch motiviert zu verteufeln.
* Das Interview kann beim Lesen den Eindruck erwecken, jede antifeministische Rede führe unweigerlich zu Gewalt – was empirisch jedoch differenzierter betrachtet werden müsste.
* Durch die starke Verbindung von Antifeminismus mit Corona-Skepsis, Incel-Ideologie und Rechtsextremismus könnte der Eindruck entstehen, jede oppositionelle Meinung zur Genderpolitik sei automatisch radikal. Das kann kontraproduktiv sein, weil der Diskurs darüber dann nicht mehr sachlich, sondern ideologisch geladen geführt wird und Leute mit berechtigten Bedenken abgeschreckt werden.
Das Interview stellt wichtige gesellschaftliche Problemfelder gezielt ins Licht, wirkt allerdings in einigen Aspekten unpräzise und einseitig. Methodische Klarheit, differenzierte Betrachtung antifeministischer Positionen und breitere Perspektiven hätten dem Artikel mehr argumentative Substanz und Glaubwürdigkeit gegeben.
4. Der Rapper Sean Combs ("Diddy") wurde vor Gericht in mehreren schweren Anklagepunkten freigesprochen. Die MeToo-Bewegung reagiert entsetzt.
5. Das Weiße Haus in Washington hat sich vor 14 Tagen zur Woche der Männergesundheit geäußert. Ich hatte das damals übersehen, hole den Hinweis drauf jetzt aber gerne nach. In der Erklärung von US-Präsident Donald Trump heißt es:
Für viel zu lange Zeit wurden die Gesundheit, das Glück und das Wohlbefinden der Männer unserer Nation vernachlässigt, was zu einer beunruhigenden Realität geführt hat: Männer in den Vereinigten Staaten haben eine um fünf Jahre kürzere Lebenserwartung als Frauen. Sie gehen seltener zu medizinischen Untersuchungen und verzögern wichtige Behandlungen. Männer erleiden ihren ersten Herzinfarkt im Durchschnitt zehn Jahre früher als Frauen.
Diese Vernachlässigung wird durch eine bösartige Kampagne gegen Männlichkeit noch verschärft. Dieser Krieg gegen das Mannsein hat viele amerikanische Männer in einen Zustand von Einsamkeit, Verwirrung und Leere versetzt – mit verheerenden Folgen: Männer in den USA begehen viermal so häufig Selbstmord und sind mehr als doppelt so häufig von Überdosierungen betroffen wie Frauen.
In dieser "National Men’s Health Week" gebe ich ein feierliches Versprechen ab: Wir werden den Männern Amerikas immer beistehen – und wir werden niemals zögern, euch zu ermutigen, ein langes, gesundes und sicheres Leben zu führen.
Erst im vergangenen Monat habe ich stolz eine Executive Order unterzeichnet, um amerikanischen Patienten den Preisvorteil der meistbegünstigten Nation zu verschaffen, den Zugang zu hochwertiger medizinischer Versorgung zu verbessern und die Medikamentenpreise zu senken. Gemeinsam mit meiner "Make America Healthy Again Commission" ermöglichen wir es Männern, ihre Gesundheit in den Vordergrund zu stellen und ihr Leben zu verlängern.
Unter meiner Führung werden wir unermüdlich eine gesündere Zukunft für die Männer unseres Landes verfolgen. Wir werden euch stets aufbauen, statt euch niederzureißen, und wir werden die Stimmen, Werte und das Wohlbefinden hart arbeitender amerikanischer Männer landesweit fördern.
Ich bin nun aus verschiedenen Gründen außerhalb der Geschlechterpolitik kein Unterstützer Donald Trumps, muss aber anerkennen, dass mit dieser Verlautbarung erstmals Positionen der Männerrechtsbewegung erstmals Positionen der amerikanischen Regierung geworden sind: etwas, worauf führende Männerrechtler wie Warren Farrell seit Jahrzehnten hinarbeiten.
6. Währenddessen setzt die US-amerikanische Männerrechtsbewegung nach und stellt ein neues Buch vor: The Convention on the Elimination of all forms of Discrimination Against Men (CEDAM). Hinter dem sperrigen Titel, der auf ein früheres Übereinkommen zugunsten von Frauen anspielt, verbirgt sich folgender Inhalt:
Das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Männer (CEDAM) von Carl Reinhold Augustsson ist ein kühnes und umfassendes Manifest, das sich für die weltweite Anerkennung der Rechte von Männern einsetzt. Nach dem Vorbild des CEDAW-Vertrags der Vereinten Nationen stellt dieses Buch CEDAM vor, ein internationales Rahmenwerk, das 46 Schlüsselbereiche identifiziert und in Frage stellt, in denen Männer und Jungen diskriminiert werden. Anhand von detaillierten Beispielen, Essays und persönlichen Reflexionen fordert Augustsson eine echte Gleichstellung der Geschlechter, indem sie häufig übersehene Themen wie Wehrpflicht, Unversehrtheit der Geschlechtsorgane, Rechte von Vätern, Bildungsunterschiede und gesellschaftliche Vorurteile anspricht.
Es ist klar, dass ein solches Buch nur im Selbstverlag erscheinen kann. Trotzdem arbeiten wir weiter emsig daran, die Geschlechterdebatte endlich weniger einseitig zu machen als bisher.
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