Dienstag, Juli 07, 2020

"Nach oben drängende Gebäude ejakulieren in den Himmel: Müssen Städte so sexistisch sein?" – News vom 7. Juli 2020

1. Der britische "Guardian" prangert die toxisch-sexistische Architektur unserer Städte an:

Gläserne Decken und phallische Türme. Gemeine Straßen und dunkle Gassen. Straßennamen und Statuen von Männern. Vom Physischen bis zum Metaphorischen ist die Stadt voll von Erinnerungen an männliche Macht. Und doch sprechen wir selten von der Stadtlandschaft als einem aktiven Teilnehmer an der Ungleichheit der Geschlechter. Ein Gebäude, egal wie phallisch es ist, ist eigentlich nicht frauenfeindlich, oder? Sicherlich ist ein Wolkenkratzer nicht für sexuelle Belästigung, das Lohngefälle oder gar die gläserne Decke verantwortlich, ob er nun buchstäblich eine gläserne Decke besitzt oder nicht?

Dennoch können unsere gebauten Umgebungen immer noch Muster geschlechtsspezifischer Diskriminierung widerspiegeln. Wenn man sich die Stadt und ihre Strukturen als neutrale Orte vorstellt, an denen komplizierte menschliche soziale Beziehungen inszeniert werden, ignoriert man die einfache Tatsache, dass Menschen diese Orte gebaut haben. Wie die feministische Geographin Jane Darke gesagt hat: "Unsere Städte sind ein Patriarchat, das in Stein, Ziegel, Glas und Beton geschrieben steht". Mit anderen Worten: Städte spiegeln die Normen der Gesellschaften wider, die sie gebaut haben. Und Sexismus ist eine tief verwurzelte Norm.

Bereits 1977 schrieb eine amerikanische Dichterin und Architekturprofessorin namens Dolores Hayden einen Artikel mit der brisanten Überschrift "Wolkenkratzerverführung, Wolkenkratzervergewaltigung". Hayden zerfetzte die männlichen Machtfantasien, die in dieser gefeierten urbanen Form verkörpert sind. Der Büroturm, so schrieb sie, sei ein weiterer Zusatz "zur Prozession der phallischen Monumente in der Geschichte - darunter Masten, Obelisken, Türme, Säulen und Wachtürme", bei der Architekten un-ironisch die Sprache von "Sockel, Schaft und Spitze" verwenden, während sie nach oben ragende Gebäude zeichnen, die ihr Licht in den Nachthimmel ejakulieren.

Wenn der Sexismus der Stadt mit architektonischer Symbolik begonnen und geendet hätte, dann hätte ich gerne einen Aufsatz darüber geschrieben und mich daraufhin dringenderen Themen zugewandt. Aber die historischen und fortwährenden Vorstellungen der Gesellschaft über die richtigen Geschlechterrollen für Männer und Frauen (organisiert entlang einer engen Binärstruktur) sind bis in unsere Städte hinein gebaut - und sie sind immer noch wichtig. Sie sind für mich als Mutter von Bedeutung. Für mich als vielbeschäftigte Professorin, die sich oft in fremden Städten aufhält und sich fragt, ob es in Ordnung ist, allein in die Kneipe in der Nachbarschaft zu gehen, sind sie wichtig. Fragen Sie jede Frau, die versucht hat, einen Kinderwagen mit in den Bus zu nehmen, in einem Park zu stillen oder nachts joggen zu gehen. Sie versteht intuitiv die Botschaft, die die Stadt ihr vermittelt: Dieser Ort ist nichts für dich.


Angesichts all dieser beeindruckenden Rhetorik möchte man fast vergessen, dass die bei weitem meisten Opfer von Gewalt im öffentlichen Raum Männer sind und weibliche Stadtbummler vom Frauenparkplatz bis zum Frauentaxi besonderen Schutz genießen. Der "Guardian"-Autorin schweben hingegen folgende Lösungen vor:

Stadtplaner, Architekten und Politiker können einen Unterschied machen, wenn der Wille dazu vorhanden ist. Im Wiener Stadtteil Aspern sind alle Straßen und öffentlichen Räume nach Frauen benannt. In Tokio haben die Züge zu bestimmten Zeiten Waggons für Frauen, Behinderte, Kinder und Betreuer reserviert. In Kigali, der Hauptstadt Ruandas, haben sich die Sicherheit und die wirtschaftlichen Aussichten von Straßenverkäuferinnen durch den Bau sicherer, dauerhafter Mini-Märkte mit Platz zum Stillen verbessert.


Man sieht: Der feministische Kampf ist noch lange nicht an seinem Ende angelangt. Hier findet man den vollständigen Artikel.



2. Die Idee von Eva Högl (SPD), die Wehrpflicht wieder einzuführen, stößt auf wenig Anklang. Die "Zeit" findet, Rassismus und Sexismus seien bei Polizei und Bundeswehr ein Problem, und "Frauen sind die Antwort", aber in diesem Blatt sind Frauen natürlich die Antwort auf so ziemlich alles.



3. Die Kriminalpsychologin Lydia Benecke erklärt, warum Mütter zu Täterinnen werden. Wenn man jetzt noch statt ausschließlich Mädchen und Töchter auch die männlichen Opfer von Missbrauch erwähnt hätte, wäre das ein beeindruckend sexismusfreier Artikel geworden.



4. Die linke Wochenzeitung "Freitag" stellt den Väteraufbruch für Kinder vor.



5. Die Website "Men Are Human" hat eine brauchbare Zitierliste zum Thema Männerrechte erstellt.

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