Mittwoch, April 29, 2015

Yasmin Fahimi, SPD, antwortet den Bürgern

Gestern berichtete Genderama über den Gegenwind, den die SPD von Kommentatoren auf ihrer Website zum Thema Alleinerziehende erhielt. Einer dieser Kommentatoren äußerte sich unter dem Namen Hans Heinrich so:

Ich bin Alleinerziehender Vater zweier Kinder. ich kenne soviele Alleinerziehende, fast alles Frauen, die mit kleinem Lohn und ohne Unterstützung durch den Vater allein Kinder großziehen müssen und ganz bewundernswerte Arbeit leisten. Ich freue mich, daß die SPD mehr Geld für Alleinerziehende und Familien locker machen will. Das wird auch höchste Zeit. Auch wenn ich nicht verstehe, warum das Taschengeld, das die SPD als Herdprämie verunglimpft, unbedingt gekürzt werden muß. Den Streß, den Sie oben beschreiben, hatte ich (und meine Ex!) jedoch schon als wir noch zusammen waren. Da ich der Besserverdienende war/bin, mußte ich auch hauptsächlich für das Familieneinkommen sorgen, denn andersrum hätte es nicht gereicht.

Das bedeutet zurücktreten von den Freuden, die die Kinder bereiten. Das bedeutet Probleme mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Leider habe ich für die Gleichstellungsbeauftragte erst mal das falsche Geschlecht. Sie hat mir trotzdem geholfen, obwohl ich sie nicht wählen darf, obwohl ich zu ihren Veranstaltungen keinen Zutritt habe, weil ich einen Penis habe.

Aber versuchen Sie sich mal hineinzuversetzen in einen Vater bei der Trennung. Der Schock, den er bekommt, wenn Jugendamt und Justiz einem bedeuten, daß sein Opfer bei der Arbeit so ausgelegt wird, daß er weniger Bindung mit seinen Kindern hat und die Kinder selbst dann der Mutter zugesprochen würden, wenn er Hausmann gewesen wäre. Daß er von 1080,- leben darf. Sich keine Wohnung leisten kann, in der er seine Kinder über Nacht aufnehmen kann. Dass er erstmal Erwerbsobliegenheit hat. Und keine Sorgeobliegenheit. Daß er jetzt davon abhängig ist, wieviel Umgang ihm seine Exfrau einräumt und er dann nachrechnen muß, wieviel davon er sich überhaupt leisten kann. Dass sie problemlos ans andere Ende der Repuplik ziehen darf und er die Fahrtkosten auch noch übernehmen darf.

Natürlich bin ich nicht alleinerziehend. Ich habe eine kluge und gute Exfrau. Eine Mutter, die genau wie ich weiß, daß Kinder beide Elternteile brauchen. Und unser Modell haben wir gegen den Widerstand der Ämter gebildet und durchgezogen. Trotz Jahrzehnten der SPD-Familienpolitik.

Es ist kein Zufall, daß ich dies unter dem Schriftzug "Wonder Woman" schreibe. Denn im Parteiprogramm der SPD steht "wer die menschliche Gesellschaft will, muß die männliche überwinden". Frau Schweswig kümmert sich demnach exakt nach Geschlechtern um Familienpolitik. Sie unterstützt die "Alleinerziehenden", aber die Alleinbezahler bleiben weiterhin in Lohnsteuerklasse I. Das macht ja nichts, denn das sind meist die Männer, während die Alleinerziehenden ja meist Frauen sind.

Eine moderne Geschlechter- und Familienpolitik geht aber nicht nach dem reaktionären Bild des Geschlechterkampfes wie ihn die SPD betreibt.

Danke für nichts, SPD!


Darauf erhielt Hans Heinrich nun die folgende von der SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi unterzeichnete Antwort, die er an Genderama weiterleitete:

Sehr geehrter Herr Hans Heinrich,

herzlichen Dank für Ihre Erlebnisse als Alleinerziehende, die Sie uns geschildert haben. Besonders beeindruckt mich, welche Kraft Sie für Ihre Familie aufbringen. Und das ist mir bei allen Beiträgen aufgefallen, die uns erreicht haben. Praktisch alle Alleinerziehende – und überwiegend sind es Frauen, die uns geschrieben haben – sind "Wonder Woman" des Alltags, weil Sie alles für Ihre Kinder geben. Manchmal bis zur Selbstaufgabe. Die Organisation des Alltags – Beruf, Familie, Auseinandersetzungen mit dem Ex-Partner, gesellschaftliche Rollenklischees, denen man leider viel zu oft begegnet.

Und dann taucht eine Reihe ganz praktischer Probleme in den Zuschriften immer wieder auf: Kitas und Schulen öffnen zu spät oder schließen zu früh – schwer für die Berufstätigkeit. Kinderbetreuung kostet vielerorts zu viel. Hohe Mieten. Unflexible Arbeitgeber. Und vieles mehr. Unterm Strich sind es vor allem Zeit und Geld, die besonders fehlen.

Nicht für alles werden wir eine politische Lösung finden können. Manches braucht auch ein Umdenken in der Gesellschaft. Aber anderes lässt sich sehr wohl regeln, verbessern – damit das Leben von Alleinerziehenden ein Stück weit leichter wird.

Und darum wollen wir uns kümmern. Zum Beispiel familienfreundlichere Arbeitszeiten fördern. Die Kinderbetreuung ausbauen – in vielen Ländern, in denen die SPD regiert, kommt das schon voran. Wir wollen mehr Ganztagsschulen. Und wir wollen den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende erhöhen.

Sicher gibt es noch mehr für die Politik zu tun. Und darum möchte ich mit Ihnen in Kontakt bleiben. Wir planen derzeit ein Zusammentreffen, zu dem ich mich noch einmal bei Ihnen melden werde. Damit Sie unmittelbar aus Ihren Erfahrungen berichten können – und ihre Ideen im direkten Austausch einbringen können.

Ich halte Sie auf dem Laufenden zu unseren Planungen und grüße herzlich,

Ihre

Yasmin Fahimi


Das ist doch eine wirklich nette und positive Antwort, oder? Wenn ich so etwas lese, frage ich mich wirklich, warum die Politikverdrossenheit so groß ist, warum Politiker als zynisch und desinteressiert gelten und warum gerade die Sozialdemokraten in der Wählergunst dermaßen abgekackt sind.

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