Freitag, Mai 30, 2014

Lesermail (Elliot Rodger bei Antje Schrupp)

Einer meiner Leser schreibt mir:

Zu Ihrem Posting "Barbara Kay: Elliot Rodgers geschlechtsblinder Amoklauf" würde ich Sie gerne auf die Diskusson bei Frau Antje Schrupp, einer bekannten Feministin hinweisen - insbesondere auf den doppeldeutigen Umgang, den die Zuschreibung von Privatheit und Öffentlichkeit eines Verhaltens für den Anspruch auf Macht bedeutet.

Frau Schrupp bemerkt meines Erachtens zu Recht, dass unsere Gesellschaft Frauen ein Wahlrecht bzgl. der von ihnen attraktiv gefundenen Männer zubilligt, gleichzeitig aber die in ihren Augen patriarchale Gesellschaft dafür sorgt, dass für Männer das "Nichterwähltsein" durch eine Frau einer sozialen Ächtung gleichkommt. Das Begehren einer Frau möchte Frau Schrupp aber gleichzeitig vollkommen im privaten verorten – sie zitiert Franziska von Reventlov (1912): „Die wertvolle Frau, die sooft und unbegreiflicher Weise ihr Gefühl an unwürdige Objekte verschwendet, und der wertvolle Mann, der ungeliebt beiseite steht, die ganze Litanei ... Und ich habe mich so redlich bemüht, Ihnen plausibel zu machen, dass innerer Wert gar nichts mit erotischer Attraktion zu tun hat. Wenn jemand gefällt, frage ich doch den Teufel danach, wie es mit seinem inneren Wert bestellt ist.“

Frau Schrupps Aufforderung an nichterwählte, also sozial geächtete Männer, lautet daher interessanterweise, ich zitiere aus Ihrem Kommentar: "Tja, da musst du dich /ihr euch dann halt wohl einfach damit abfinden, dass das so ist." Frau Schrupp weist im gleichen Zug darauf hin, dass der jungendliche Mörder von seiner Persönlichkeit her sich genau diesem von ihr selbst geforderten Verhalten ("komm halt mit klar") verweigert hat - er hat das Urteil von Frauen nicht anerkannt -, aber gleichzeitig ihre Meinung nach irrationalerweise doch nach der Logik des Patriarchats gehandelt hätte, indem er Frauen, die eben in seinen Augen ihren Partner nicht "richtig" wählen, quasi "bestraft".

Die andere Möglichkeit wäre hier ja auch einfach überlegen, dass zwar das Wahlverhalten von Frauen ihre Privatsache ist, nicht aber die soziale Ächtung, die sie für nicht erwählte durchsetzen, und die mitnichten eine Privatsache ist, sondern ein von Frauen selbst eingeführtes und aufrecht erhaltenes gesellschaftliches und soziales Macht- und Unterdrückungsmittel darstellt. Der Mörder hätte in dieser Interpretation nicht irrational gehandelt, sondern einfach nur seine Unterdrücker angegriffen - um mit Alice Schwarzer zu sprechen: "Endlich hat es einer getan."

Es ist vor allem interessant, wenn man diese Diskussion mit einer anderen vergleicht, die auf Frau Schrupps Blog geführt wurde - und die jetzt herauszusuchen ich mir nicht die Mühe machen möchte. Dort wird, insbesondere von Frau Schrupp, sehr klar über Männer hergezogen, die sich bei ihren erotischen Absichten nicht etwa von den inneren Werten der Frauen leiten lassen, die sie begehren, sondern eben auf das äussere Wert legen - Jugendlichkeit, Schönheit etc. Diese Männer werden sehr explizit als Typen ohne Kultur, die sich nur billigen Begierden hingeben, dargestellt. Interessanterweise wird dieses Verhalten aber mitnichten in der Privatheit verortet, sondern, sie ahnen es sicher schon, es ist natürlich auch wieder Ausdruch einer angeblich patriarchalen Kultur, in der Männer Frauen zum Objekt degradieren. Männer, die etwas taugen wollen, haben dagegen bitte schön auf die inneren Werte einer Frau zu achten.

Man vergleiche das mit der fast spiegelbildlichen Diskussion zum Fall Elliot Rodgers - wie eben, wie gesagt, wie hier Verhalten geschickt zur Privatheit und Öffentlichkeit erklärt wird, wobei insbesondere eben auch die schrecklichen Folgen für das Individuum jeweils als gesellschaftliche Aufgabe (Das Patriarchat unterdrückt Frauen) oder als privates Pech (Sollen die Typen halt mit klarkommen ) definiert wird.

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