Sonntag, April 07, 2013

Ja, wie WAR denn nun die feministische Piratenkonferenz?

Hadmut Danisch hat sich geopfert und die Piratinnenkon besucht, woraufhin er darüber einen langen – wirklich langen – Bericht verfasst hat. Um ihn zu lesen, brauchen Sie ein wenig Zeit, und vielleicht beginnen Sie nach den ersten Absätzen zu scrollen, weil es so wirkt, als würde Hadmut nur end- und ziellos vor sich hin muffeln, was Sie womöglich nicht ganz so amüsant finden wie ich. Wenn man aber die Weitschweifigkeit dieses Textes und manche Redundanzen darin übergeht, ist er richtig gut und enthält mehrere echte Perlen. Ich hoffe, es ist Hadmut Recht, wenn ich für diejenigen Leser mit knapper Zeit einmal drei längere Passagen herausgreife und zitiere, die mir besonders gut gefallen haben. In der ersten Passage schildert Hadmut, wie trotz des grotesken Eigenlobes und gegenseitigem Schulterklopfen auf Twitter vielen Protagonistinnen der Konferenz selbst allmählich dämmert, dass hier gerade etwas massiv schiefläuft:

Dafür, dass es ein so zentrales Thema war und das in Berlin stattfand, war der Zulauf peinlich gering, und eh fast nur die Protagonisten selbst da. Das Thema wird bei den Piraten grotesk überbewertet. Die gesamte Energie wird nur noch in ein einziges Thema gesteckt, das keine Stimmen bringt. (...) Und wer hätte gedacht, dass Feministinnen ausgerechnet mir eine Einladung zur anschließenden feministischen Privatparty zustecken würden?

Was vermutlich aber nicht nur an mir und meinem Verhalten lag, sondern an der Situation der Feministinnen. Sie waren in ideologischer Verblendung lange Zeit vormarschiert und glaubten, die göttliche Wahrheit mit sich zu tragen, und dass es gar keine andere vertretbare Meinung als die ihre geben könnte. Dass jede auch nur geringfügig abweichende Meinung auf Rechtsradikalismus oder einem "Mimimi"-Maskulismus beruhen müsse, der seine Privilegien nicht aufgeben wolle. Ein geradezu religiöser Wahn, die alleinige Wahrheit vor sich herzutragen, die jeder ehrfürchtig anerkennen müsse, wenn er sie erst in ihrem vollen Glanz erblickt habe.

Lief nicht so.

Es zeigen sich inzwischen deutliche Zermürbungseffekte, und man merkt ihnen inzwischen an, dass es doch an ihnen nagt, wie beständig und intensiv sie von vielen Piraten (und schmerzhafterweise auch vielen Frauen) Ablehnung bis hin zum Shitstorm bekommen. Und dass die Wähler davon laufen. Sie sind (oder waren?) davon überzeugt, mit Gender den Heiligen Gral gefunden zu haben, und fragen sich nun, warum er nicht so funktioniert, wie in der Werbung versprochen, finden aber im Feminismus keine Antworten.

Allerdings sind nicht alle geistig so weit gekommen, sich das zu fragen. Anke Domscheit-Berg beklagte in ihrem Vortrag, dass sie häufig zu ihren Standpunkten zu hören bekomme "Das tue ich mir nicht an, das ist mir zu blöd". Verstanden hat sie es aber noch nicht. Offenbar hat man es ihr noch nicht oft genug gesagt, damit es oben in der Birne angekommen wäre. Manche bräuchen eben noch etwas länger. Das Problem daran ist, dass ein "Das tue ich mir nicht an" ja jedesmal eine vergraulte Wählerstimme ist. Die spannende Frage ist, was zuerst passiert, dass es gar keine Piratenwähler mehr gibt, und sie den Spruch nicht mehr hört, weil einfach keiner mehr da ist, oder ihr (oder ihren Unterstützern) doch irgendwann mal was dämmert. Ich tippe auf ersteres.


In der zweiten Passage kommentiert Hadmut eine Kinderzeichnung, mit der die Piratinnen auf der Konferenz metaphorisch begründet haben, warum Einrichtungen wie die Quote so wichtig seien: Drei verschieden große Strichmännchen stehen vor einer Mauer, und die Kleineren stehen auf Kisten, damit sie über diese Mauer schauen können. Hier spricht mir Hadmut besonders aus dem Herzen:

Wollt Ihr allen Ernstes behaupten, dass Frauen die geistig Kleineren sind, dass man ihnen Kisten unterstellen und geistige Rollstuhlrampen bauen muss, damit sie mit Männern auf einer Ebene schauen können? Dass Frauen geistig kleiner, behinderter, benachteiligter seien?

Liebe Feministinnen, Ihr müsst jetzt mal ganz, ganz tapfer sein, denn ich sage Euch jetzt in voller Härte, was Ihr nicht wahrhaben und nicht glauben wollt: Frauen sind nicht blöd. Es gibt sogar ziemlich viele ziemlich schlaue, gebildete und intelligente Frauen. Die sind nicht geistig behindert und beim Hirn auch nicht zu kurz gekommen. Die brauchen keine geistigen Rollstuhlrampen und auch keine Kisten, auf die sich sich stellen können.

Nein, sondern Ihr seid blöd. Es geht um Eure ganz persönliche, höchst individuelle und eigene Blödheit. Hört endlich damit auf, Eure individuelle Blödheit auf alle Frauen zu verallgemeinern und die Folgen Eurer persönlichen Blödheit als Diskriminierung aller Frauen auszugeben. Hört auf damit, Denkrollstühle und Geistesbehinderungsaufzüge für alle Frauen zu fordern, nur weil Ihr Euer Hirn nicht gebrauchen wollt.


Die darauf folgenden Absätze sind auch sehr gut, aber wenn ich sie auch noch zitiere, kann ich Hadmuts Gedanken auch gleich im Volltext übernehmen. In der dritten von mir ausgewählten Passage berichtet Hadmut, dass einige Erwartungen über Feministinnen von der jungen Generation immerhin nicht mehr erfüllt werden:

Das Gespräch fand aber seinen Weg in unerwartet freudige Bahnen, weil nämlich sofort ein feministischer Konsens darüber bestand, dass Alice Schwarzer doof ist, häufig die Unwahrheit sagt und viel mehr schadet als nutzt (ich war baff! :-D ) und dass man für Verdienste um die Frauenbewegung lieber Beate Uhse würdigen sollte (ich war schon wieder baff!).

Und das wurde immer besser. Eigentlich sind Feministinnen ja strikt gegen Pornos und wollen sie verbieten. Die an dem Tisch hier fanden die PorNO-Kampagne aber doof und durchweg fanden sie alle Pornos gut. Zitat einer Feministin: "Solange wir Kindern Märchen vorlesen, können sie auch Pornos gucken!"

Hey, echt jetzt, ob Ihr mir das glaubt oder nicht: Ich sitze an einem Tisch mit fünf Feministinnen, und die finden alle Pornos gut! Wahnsinn!


(Eine feministische Gegenrede zu Schwarzers PorNO-Ideologie findet man übrigens im Schweizer "Untergrund-Blättle".)

Einen kürzeren Bericht über die Piratinnenkon als bei Hadmut Danisch bietet das Nicht-Blog Hirnfick 2.0, wo es heißt:

Zur zurzeit zu Ende gehenden, von Mitgliedsbeiträgen finanzierten „PiratinnenKon”, der, wie der einschlägigen Presse zu entnehmen ist, als workshop zur gemeinschaftlichen Erfassung der Gründe, warum Feminismus total viel wichtig und Maskulismus total viel schädlich für die politischen Ziele der – ausgerechnet – Piratenpartei ist (Irrsinn), angelegt war, ist alles Nötige auf Twitter zu lesen.

Die keynote, gehalten von einer linken Feministin, handelte davon, dass, um Diskriminierung zu bekämpfen, es sinnvoll sei, selbst zu diskriminieren. Einfach mal Männer beschimpfen und – Zitat – gucken, wie sich das anfühlt. Guter Anfang.


Wer lieber einen unkritischen Jubelbericht lesen möchte, der in den alten Rastern von tollen Frauen und fiesen Männern gefangen ist, der ist natürlich mit unseren "Qualitätsmedien" besser bedient: beispielsweise der Märkischen Oderzeitung. Ein kurzes Interview gibt es in der taz. Und das Neue Deutschland schreibt über die Resultate der Piratinnenkon:

Als konkrete Maßnahmen wurden demnach unter anderem beschlossen, die Stelle eines Antidiskriminierungsbeauftragten auszuschreiben, eine Anlaufstelle für Betroffene von Diskriminierung im Internet zu schaffen und die "Servicegruppe Shitstorm" wiederzubeleben.


Die 100 Leutchen auf der Piratinnenkon haben also Maßnahmen beschlossen, die für die ganze Partei gelten sollen, nachdem Kritiker erst gar nicht eingeladen worden waren? Interessant. Vermutlich handelt es sich hier aber offiziell nur um "Empfehlungen" wie diejenigen, die im Piratenwiki festgehalten wurden (auf der verlinkten Seite ganz nach unten scrollen). Ich kommentiere das lieber erst gar nicht ...

Das Schlusswort hat jetzt noch einmal "Hirnfick 2.0":

Eine PiratenKon ist geplant.

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