"Eigentümlich frei" plädiert für Milde gegenüber Heckenschützen der Wikipedia
Der Rechtsanwalt Carlos Gebauer behandelt in einem aktuellen Essay für das liberale Magazin "eigentümlich frei" die politischen Diffamierungen in der Wikipedia und die Frage, ob die Pflicht zur namentlichen Kennzeichnung der dortigen Beiträge derartiges Cybermobbing unterbinden würde. Dabei argumentiert Gebauer differenziert: Einerseits gehöre es zur Ehre eines jeden seriösen Meinungsinhabers
mit offenem Visier zu argumentieren, Gesicht zu zeigen und Verantwortung für seine Äußerung zu übernehmen. Gerade weil Meinungsfreiheit für eine Demokratie "schlechthin konstituierend" ist, wie das Bundesverfassungsgericht definiert hatte, sollen Äußerungen auf ihre Quelle zurückverfolgt werden können.
Andererseits könne man auch hier, so Gebauer, einen gewissen Spielraum zulassen:
Allerdings wird man fragen müssen, ob diese professionellen Maßstäbe auf Internetäußerungen angewendet werden können, die augenscheinlich von Urhebern zwischen früher Pubertät und später Adoleszenz stammen. Für jugendliche Autoren, die ihre ersten öffentlichen Gehversuche mit Meinungsäußerungen wagen, ist menschlich nur allzu verständlich, wenn sie sich nicht gleich drohender Lächerlichkeit preisgeben mögen. (...) Erwachsene sind demnach wohl gut beraten, das Verhalten mobbender Internet-Autoren im Entwicklungsstadium der Vor- und Grundschule nicht mit den strengen Augen des Gesetzes zu betrachten, sondern allen Bullies, denen das Toleranz- und Demokratieerlernen mit einem liebevollen Balu versagt geblieben ist, ein wohlwollendes Friedenssignal zu senden: Ich weiß, dass Dein Verhalten keine böse Absicht ist. Du kannst es einfach noch nicht besser. Du musst auch keine Angst haben. Lass uns einfach darüber reden. Gemeinsam entdecken wir die moralischen Dimensionen Deines Tuns.
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