Montag, Februar 16, 2009

Die Rache der Beschneiderinnen

Eine Diskussion im gelben Forum wies mich heute Morgen auf einen aufschlussreichen Spiegel-Online-Artikel hin, der folgendermaßen angeteasert wird:

Bedroht und nackt durchs Dorf getrieben: Verfechter der Genitalverstümmelung haben in Sierra Leone eine Journalistin malträtiert. In Afrika ist die Beschneidung von Frauen und Mädchen grausamer Alltag - auch in Deutschland sind rund 20.000 Frauen beschnitten.


Erst im Laufe des Artikels erfährt der aufmerksame Leser, dass es sich bei diesen "Verfechtern", keineswegs um Männer, sondern um Frauen handelt:

"Ich hatte riesige Angst und flehte die Entführerinnen an, mich gehen zu lassen", erzählt Balama-Samba.


Folgt man dem Artikel, so ist Beschneidung für die verantwortlichen Frauen eigentlich nur eine Form von Emanzipation und Unabhängigkeit:

Die Geheimbünde seien eine Möglichkeit für Frauen, der Herrschaft der Männer zu entfliehen. Beschneiderinnen verdienen recht gut, während Frauen im traditionellen Familienbild Sierra Leones nur die Rolle der Hausfrau zukommt.


Ich habe bereits vor acht Jahren in "Sind Frauen bessere Menschen?" ausführlich erklärt, dass Genitalverstümmelungen an Mädchen in der Regel von Frauen durchgeführt werden. Trotzdem wird diese Praxis hierzulande natürlich – in ähnlich unpassender Weise wie etwa häusliche Gewalt – als Verbrechen von Männern gegen Frauen phantasiert. Keinen geringen Anteil daran haben Aktivistinnen wie beispielsweise Waris Dirie, ehemals Fotomodell und UN-Sonderbotschafterin, die 2008 allerdings durch eher seltsame Behauptungen auf sich aufmerksam machte.

In Diries Bestseller "Wüstenblume" (Seite 346 der Taschenbuchausgabe) findet man jene hübsche Passage:

"Vielleicht sollten die Frauen den Männern die Eier abschneiden, damit auf der Erde wieder ein Paradies entstehen kann. Die Männer würden ruhiger werden und sensibler mit ihrer Umwelt umgehen. Ohne diesen ständigen Ausstoß von Testosteron gäbe es keinen Krieg, kein Töten, kein Rauben, keine Vergewaltigungen."


Nun hat sich aktuell herausgestellt, dass hinter den geschilderten Fällen von Gewalt nicht Männer, sonder Frauen steckten. Angenommen, ein Männerrechtler würde ein Buch über Gewalttäterinnen schreiben und darin ähnliche Formulierungen verwenden wie Dirie es tut, solange es gegen Männer geht – ob er dann auch Bestseller-Autor und UN-Sonderbotschafter werden würde? Wohl kaum. Weit eher dürfte er von etlichen Seiten mit einer Aggression angegangen werden, wie sie sonst nur Esther Vilar und Eva Herman erlebt haben. Häufig werden Männerrechtler schon wegen weit zurückhaltenderer Kritik gebrandmarkt. Es gibt ein Wort für diese Extremform von Messen mit zweierlei Maß und dieses Wort lautet: Sexismus.

Nachtrag vom selben Tag: Ein Genderama-Leser berichtete mir als Reaktion auf diesen Beitrag, Dirie selbst habe in ihrem Buch geschildert, dass sie ihr Großvater immer vor den Beschneiderinnen des Dorfes in Schutz genommen hatte und diese ihren Willen erst durchsetzen konnten, als dieser Mann außer Haus war. Woher vor diesem Hintergrund der Hass ausgerechnet gegen Männer entstünde, sei nicht nachvollziehbar.

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