Feminismus: Koksen gegen das Patriarchat
1. Junge Frauen koksen immer häufiger, und feministische Popstars feiern das als Emanzipation. Anna Rosenwasser sieht das kritisch.
2. Eva Biringer stellt in der "Welt" klar:
Dem Feminismus geht es ja nicht um den XY-Chromosomträger als Hassobjekt, sondern den Kampf gegen das Patriarchat.
Puh, bin ich erleichtert! Man fällt so leicht auf das Missverständnis rein, dass Feministinnen irgendetwas gegen Männer hätten. Dabei geht es ihnen in Wirklichkeit nur um Ideologiekritik. Gut, dass das von der "Welt" mal richtiggestellt wurde.
Wobei Eva Biringer später selbst schreibt:
Nie waren die Zahlen häuslicher Gewalt in Deutschland so hoch wie vergangenes Jahr, noch immer stirbt fast jeden Tag eine Frau durch ihren Partner oder Ex-Partner. Von Mental Load über Femizid, vom Gender Pay Gap bis zum Gender Pain Gap – als rationaler Mensch kann man sich jedes Mal sagen: "Es ist das Patriarchat", und trotzdem sind es halt auch Männer.
Wenn man von einem Thema so gar keine Ahnung hat, kann man sich also immer noch in der "Welt" austoben. Aber es beim Feminismus geht es im Großen und Ganzen nicht um sexistischen Hass auf Männer. Das ist doch schön.
Etwa zur selben Zeit geht in der Zeitschrift Brigitte ein Artikel online, der mit diesen Sätzen beginnt:
Sind Männer noch schlimmer als ihr ohnehin schon lädierter Ruf? Schlecky Silberstein findet in seinem neuen Buch "Der Penisfluch" eine eindeutige Antwort – und die lautet: Ja!
Der Artikel, der dadurch eingeleitet wird, ist reines Chaos. Einerseits wird darauf hingewiesen, dass Männer Hilfe benötigen. Andererseits muss diese Erkenntnis in feministische Stereotype eingezwängt wird, was dazu führt, dass über eine angeblich hohe "Arschlochdichte unter Männern" fabuliert wird. In ein und demselben Artikel findet man danach die folgenden Statements:
Die Pauschalproblematisierung von Männern, die man jeden Tag auf feministischen Social-Media-Kanälen liest, ist an intellektueller Bequemlichkeit und Intoleranz nicht zu übertreffen.
Männliche Hirnstrukturen gleichen eher denen von Kindern.
Wir sind als Gesellschaft erst seit kurzer Zeit dabei, die Gewalt, die immer da war, in die Hände des Staates zu legen, aber an den Wirkweisen von Testosteron können wir auf legalem Wege noch nichts ändern.
Mir ist keine Kampagne gegen häusliche Gewalt bekannt, die sich an Männer richtet, die ja der Ursprung des Problems sind. Es gibt aktuell viel zu wenig Sozialarbeit speziell für Männerprobleme. Es geht nicht darum, die Täter zu betüdeln, sondern darum, Männer aufzufangen, bevor sie zu Tätern werden.
Wir dürfen nicht vergessen: Frauen müssen sich für ihre Friedfertigkeit und Kooperationsgabe keine Mühe geben. Sie folgen ihrer Natur und sind ab Werk kein Sicherheitsrisiko. Frauen passen perfekt in Zeiten des relativen Friedens, während Männer mit ihren Stärken und Bedürfnissen perfekt in den Krieg passen.
Anstatt alle Männer gleich zu problematisieren, sollten wir Männer in Nutzmänner und Schadmänner unterteilen.
Man stelle sich vor, wie schlimm der sexistische Hass erst wäre, wenn feministische Ideologen tatsächlich etwas gegen Männer hätten.
3. In der Frankfurter Allgemeinen beginnt ein Artikel mit diesem Satz:
Deutsche Männer sind faul, altmodisch und exzellente Maulhelden.
Da weiß man von Anfang an, dass man sich das Weiterlesen sparen kann. Ich könnte den Artikel zerpflücken, aber wenn die FAZ schon vom ersten Satz an klar macht, dass es ihr um Rage Bait geht, kann man sich die Mühe auch sparen.
4. Wir verlassen jetzt die Niederungen der deutschen Medien, gehen ein paar Niveaustufen höher und beschäftigen uns mit einem Artikel des Magazins The Atlantic, der über die wachsende Zahl alleinerziehender Väter berichtet. Ein Auszug:
"Alleinerziehende Mutter aus eigener Entscheidung" ("single mother by choice") ist zu einem gängigen Begriff für unverheiratete Frauen geworden, die bewusst Eltern geworden sind. Von "alleinerziehenden Vätern aus eigener Entscheidung" hört man selten, was Sinn macht, da sie viel seltener sind. Aber diese Bevölkerungsgruppe, so scheint es, hat sich ausgeweitet – langsam, über ein paar Jahrzehnte hinweg, und dann bemerkenswerter in den letzten Jahren. Die genaue Zahl ist unklar; die meisten Umfragen unterscheiden sie nicht von Witwern oder Männern, die von einem nicht beteiligten Mitelternteil getrennt sind. Dennoch: Susan Golombok, eine Psychologin der Universität Cambridge und Autorin von "We Are Family: The Modern Transformation of Parents and Children", erzählte mir, dass alleinerziehende Väter aus eigener Entscheidung vor diesem Jahrtausend praktisch unbekannt waren. Basierend auf meinen Gesprächen mit Familienforschern, Fachleuten aus der Fruchtbarkeitsindustrie und Adoptionszentren ist das heute sicherlich nicht mehr der Fall.
Vielleicht sollte das nicht überraschen, da die Singlerate seit Jahren steigt, steiler bei Männern als bei Frauen – was viele potenzielle Väter ohne Mitelternteil zurücklässt. Aber die Tatsache, dass alleinstehende Männer entscheiden, alleine Familien zu gründen – einige von ihnen zahlen enorm viel für Eizellspende und Leihmutterschaft – könnte auch etwas darüber aussagen, wie wichtig Vaterschaft für viele Männer heute ist. Mehrere Familienplanungsexperten erzählten mir, dass die Coronavirus-Pandemie ein Wendepunkt für viele alleinerziehende Väter aus eigener Entscheidung war: Sie führte zu einer "Reorganisation, Neupriorisierung dessen, was wirklich wichtig im Leben ist", erzählte mir Jennifer McGill, die Betriebsleiterin der Maryland Fruchtbarkeitsklinik Creative Family Connections. Einige Männer entscheiden, dass Vater zu sein das ist, was ihnen wichtig ist – auch wenn Romantik nicht in Aussicht steht.
Die Experten, mit denen ich sprach, hatten das Gefühl, dass alleinerziehende Vaterschaft aus eigener Entscheidung häufiger bei schwulen Männern als bei heterosexuellen vorkommt. Schwule Männer müssten wahrscheinlich adoptieren oder eine Leihmutter nutzen, um ein Kind zu bekommen, egal ob sie in einer Partnerschaft sind oder nicht. Vielleicht noch wichtiger: Sie sind möglicherweise mehr daran gewöhnt, sich vorzustellen, wie eine Familie jenseits gesellschaftlicher Erwartungen aussehen könnte. Und in den letzten Jahren, erzählte mir Poole-Dayan, hat die schwule Gemeinschaft eine echte "demografische Erholung" nach der AIDS-Epidemie erlebt, die ab den 1980er Jahren so viele Leben kostete. Eine neue Generation schwuler Männer hat es durch das junge Erwachsenenalter mit mehr Gesundheit, Stabilität, finanzieller Sicherheit und gesellschaftlicher Akzeptanz geschafft, als viele vor ihnen je hatten. All diese Faktoren können eine Familiengründung möglicher erscheinen lassen.
Für heterosexuelle alleinerziehende Väter aus eigener Entscheidung könnte der Sprung weg von der Konvention "entmutigender" wirken, erzählte mir Batya Novick, eine Therapeutin, die mit Klienten arbeitet, die eine Familie gründen möchten. Novick gründete ihre Praxis, Calla Collective, 2016 – aber erst in den letzten anderthalb Jahren haben alleinstehende Männer begonnen, zu ihr zu kommen, um zu besprechen, ob sie ein Kind haben sollten. Während die schwulen Männer, mit denen sie gearbeitet hat, generell nicht geplant haben, das Dating ganz aufzugeben, schienen die heterosexuellen, erzählte sie mir, alleinerziehende Vaterschaft "im Angesicht der Niederlage versus im Angesicht der Wahl" zu verfolgen. Sie hat sie mit einem Gefühl des Versagens kämpfen sehen, weil sie keine Frau gefunden haben, mit "latenter Trauer", während sie Erwartungen anpassen, mit Isolation, während sie nach jemandem in ihrer Umgebung suchen, der Familien auf unkonventionelle Weise gründet. Einige Klienten ringen nicht nur damit, wie sie alleinerziehende Elternschaft logistisch und finanziell schaffen würden, sondern auch damit, was es für ihr Selbstverständnis bedeutet, alleiniger Betreuer zu werden, erzählte sie mir: "Es gibt diese fast unausgesprochene Entmännlichung."
Sie denken darüber in einem Moment nach, in dem viele der traditionellen Kennzeichen der Männlichkeit – eine Ehefrau, das Gehalt eines Hauptverdieners, ein diffuses Machtgefühl – nicht mehr selbstverständlich sind. Frauen schließen jetzt häufiger das College ab als Männer. Ein wachsender Anteil von Jobs erfordert einen Abschluss, während viele Industrien, die traditionell Männer begünstigten – körperliche Arbeit, Fabrikarbeit – im Niedergang begriffen sind. Da sich weniger Frauen (zum Glück) auf Männer für finanzielle Sicherheit verlassen, können sich weniger heterosexuelle Männer auf die Ehe verlassen. Gespräche über "toxische Männlichkeit" haben einige Männer in die Defensive gedrängt; andere sehen das traditionelle Modell der Männlichkeit als etwas, von dem man sich wegbewegen sollte. Aber wohin?
Heute sind Väter insgesamt weitaus engagierter als früher. Allein von 2015 bis 2023 stieg die Zeit, die 25- bis 44-jährige Väter in einer durchschnittlichen Woche mit Kinderbetreuung verbrachten, um etwa zweieinhalb Stunden. Diese Zeit kletterte erheblich von 2019 bis 2023, vielleicht ein Zeichen dessen, was McGill, die Geschäftsführerin der Fruchtbarkeitsklinik, als Männer beschrieben hatte, die aus der Pandemie herauskommen und "diese Momente mit ihren Liebsten verbringen wollen, bevor es zu spät war." Und als das Pew Research Center Ende 2023 junge Erwachsene ohne Kinder befragte, fand es heraus, dass 57 Prozent der befragten Männer sagten, sie hofften, eines Tages Kinder zu haben, während nur 45 Prozent der Frauen dasselbe sagten. Vielleicht, während sich der Druck auf Frauen, Mütter zu werden, gelockert hat und mehr Frauen erlaubt, kinderlos zu bleiben, durchleben einige Männer die entgegengesetzte Offenbarung: zu erkennen, dass einige der mit Elternschaft verbundenen Eigenschaften, wie Fürsorge und Zärtlichkeit, nicht so erbarmungslos feminisiert werden müssen; dass Elternschaft eine dringend benötigte Quelle des Sinns sein könnte.
(…) Alleinerziehender Vater aus eigener Entscheidung zu werden, ist tendenziell schwierig – auf Arten, die unvermeidlich sind, und auf Arten, die anhaltende Skepsis über die Eignung von Männern als Eltern widerspiegeln. Alleinstehende Männer können nicht legal adoptieren oder auf assistierte Reproduktionstechnologie in jedem Land zugreifen, also reisen viele von ihnen in die Vereinigten Staaten, nur um diese Chance zu bekommen. Aber selbst in Amerika betrachten einige Adoptionsagenturen alleinstehende Männer mit Misstrauen, und viele werben nicht aktiv um Männer. In einigen Staaten ist Leihmutterschaft illegal oder erfordert das Überwinden rechtlicher Hindernisse; in jedem Staat ist sie kompliziert und außerordentlich teuer. Ein hoffnungsvoller Vater muss eine Eizellspenderin wählen, die sich einer Reihe medizinischer Untersuchungen unterziehen wird, und eine Leihmutter finden, die sehr wohl in einem anderen Staat leben könnte. Rechtliche Verträge müssen aufgesetzt werden, um sicherzustellen, dass der Vater als alleiniger Elternteil betrachtet wird (und nicht die Leihmutter, die sonst elterliche Rechte innehaben würde). Da so viele Menschen bezahlt werden müssen, ist der Preis dieses Unterfangens über die Jahre nicht viel gesunken, auch wenn es weiter verbreitet genutzt wird, erzählte mir Sheeva Talebian, eine Ärztin bei "CCRM Fertility" in New York. Alles in allem kann es ein paar hunderttausend Dollar kosten. Und das ist natürlich nur der Anfang der Kindererziehung, die selbst für viele Amerikaner unerschwinglich teuer ist.
"Men Having Babies" bietet finanzielle Unterstützung für einige angehende Väter, aber die Organisation hat auch dafür gekämpft, dass Versicherungspläne diese Kosten decken. (...) Poole-Dayan denkt, viele Menschen sehen Elternschaft als integral für den Zweck einer Frau, aber als zusätzlichen Leckerbissen für Männer, besonders schwule Männer. Das ist die Kehrseite der fehlgeleiteten Annahme, dass alle Frauen Kinder wollen und ohne sie beraubt sein werden: dass Männer nicht wirklich der Elternschaft beraubt werden können. "Der Durchschnittsmensch denkt nicht an uns als kinderlos", erzählte er mir. "Viel Diskriminierung wird toleriert und viel Unterstützung wird deswegen zurückgehalten."
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