Donnerstag, März 10, 2022

Ukraine: Trans Frauen in Angst, weil Behörden sie als Männer einstufen – News vom 10. März 2022

1.
Trans Personen in der Ukraine haben gegenüber VICE World News geäußert, sie säßen "völlig fest" und hätten "Angst um ihr Leben" in dem Land.

Zwei ukrainische Trans Frauen sagten, sie könnten die Ukraine weder verlassen noch sicher durch das Land reisen, weil in allen ihren Ausweispapieren "männlich" steht und ihre "alten männlichen Namen" erwähnt werden.

Einigen trans Personen wurde von Menschenrechtsgruppen sogar geraten, ihren Ausweis zu verlieren, um die Ukraine verlassen zu können. Trans Aktivisten schätzen, dass dieses Problem dazu führt, dass "Hunderte" von trans Personen in der Ukraine in "ernsthafter Gefahr" sind und sich "völlig allein" fühlen.

Eine trans Frau sagte, sie habe "schreckliche Angst" davor, bei dem Versuch, die Ukraine zu verlassen, aufgehalten zu werden und gezwungen zu werden, "als Mann" in die ukrainische Armee einzutreten - vor allem, weil die Behörden Männer zwischen 18 und 60 Jahren an der Ausreise hindern.

(...) Zi Faámelu ist eine 31-jährige trans Frau aus Kiew. Sie ist Musikerin und ist in ihrem Heimatland im Fernsehen aufgetreten. Faámelu sagte, sie könne das Land nicht verlassen und ihr Leben sei in Gefahr.

"Wie Hunderte von trans Personen in der Ukraine bin ich eine Frau, aber in meinem Pass und auf allen meinen Ausweisen steht 'männlich', das ist also ein Krieg im Krieg. Die ukrainischen trans Personen kämpfen bereits um ihr Leben. Es gibt Hunderte von uns, die so feststecken und ein elendes Leben führen. Wir brauchen etwas Einfluss aus dem Ausland. Wir brauchen Menschen, die an ihre Politiker und Wohlfahrtsverbände schreiben, damit sie uns helfen."

Sie sitzt im Dunkeln, während sie mit mir spricht. In ihren Händen hält sie ein "sehr scharfes" Messer. Sie ist allein in ihrem Viertel und hat Angst davor, wer vor ihrer Wohnung sein könnte.


Hier geht es weiter.

Es ist faszinierend: Die Männer, die in der Ukraine nicht kämpfen wollen oder können sind in derselben Situation, aber ein mitfühlender Artikel für Männer wäre im Social-Justice-Lager, wozu "Vice" zählt, natürlich absurd. Durchsetzbar ist dort allein ein Artikel über trans Frauen in der Situation von Männern (allerdings mit Transphobie noch obendrauf)

Wer hätte übrigens gedacht, dass so viele Menschen derart verzweifelt danach streben, dem angeblich unterdrückten und geknechteten Geschlecht anzugehören – so als ob ihr Leben davon anbhinge, zu diesem Geschlecht zu gehören, das von uns Männermonstern in Ketten gehalten wird?



2. In der "Weltwoche" schreibt Nena Schink über die Geschlechterdebatte vor dem Hintergrund der Ukraine:

Unsere grüne Aussenministerin Annalena Baerbock hat den Weltfrauentag genutzt, um ein Statement an die Ukraine zu senden: "Im Herzen sind wir heute bei den mutigen Frauen der Ukraine. Ich möchte euch sagen: Wir sehen euch. Wir stehen an eurer Seite. Wir tun alles in unserer Macht Stehende – im humanitären Bereich, und auch mit unserer entschiedenen Botschaft an Präsident Putin, diesen abscheulichen Krieg zu beenden."

Bei diesen Worten habe ich nur den Kopf geschüttelt. Wie kann es sein, dass selbst im Krieg die Frauen hervorgehoben werden? Ist Frau Baerbock im Herzen etwa nicht auch bei den mutigen Männern? Oder muss am Weltfrauentag einfach alles auf Frau gedreht werden? Hätte Frau Baerbock vielleicht sogar lieber ein rosa Outfit tragen sollen? Wobei - das wäre am Weltfrauentag vermutlich falsch gewesen. Lieber blau. Das ist mehr Avantgarde.

Für mich steht fest: Wir werden die Gleichberechtigung nicht mit Weltfrauentag und Frauenquote im Privatsektor erreichen. Vor allem hilft es uns Frauen nicht, wenn wir diese Aufgabe zu unserer alleinigen Mission machen oder sogar gegen "den Mann" ankämpfen. Ein Kampf der Geschlechter schadet unserem gesellschaftlichen Miteinander und ist grundlegend falsch. Wir können nur gemeinsam ein Umdenken und den strukturellen Wandel erreichen.




3. "Der Feminismus ist tot – kein Grund zur Trauer" befindet Anna Schneider in der "Welt" und fügt hinzu: "Das Feindbild Mann ist so praktisch, weil klar umrissen und einfach". In dem Artikel heißt es:

Ich bin keine Feministin, weil Feminismus tot ist, und Trauer ist nicht angesagt. Mit der Einsicht, dass Frauen wie Männer vernunftbegabte Wesen und also ebenbürtige Bürger sind, hat sich die Sache für mich erledigt. Doch das dauerhafte Opfernarrativ ist offenbar für viele sehr reizvoll. Anders kann ich mir nicht erklären, dass Frauen im Namen des Ökofeminismus auf Kinder verzichten, um Mutter Erde zu (ver)schonen oder sich im Namen des Netzfeminismus die Finger wundtippen (the revolution will be twittered, ganz bestimmt).

Das ist denn auch das Grundproblem des Feminismus, ganz gleich, von welcher der vielfältigen Strömungen die Rede ist: Ausgangspunkt ist die Unterdrückung und Marginalisierung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts, was sie per definitionem zu Opfern macht. Das war zu Beginn der Frauenrechtsbewegung wahr, Aufbegehren dagegen also gerechtfertigt. Doch die Vorstellung, dass gegenwärtig die Hälfte der Bevölkerung – im Westen des 21. Jahrhunderts – ein unterdrücktes Kollektiv sein soll, finde ich spannend.

Darf ich den Gegenbeweis antreten? Anders als unzählige Schriftstellerinnen meiner Generation habe ich nicht vor, mich ausführlich mit der Verderbtheit alter weißer Männer oder des Patriarchats auseinanderzusetzen, es ist einfach zu abgeschmackt, sich in diese Position zu bequemen. Aber ich kann die Bequemlichkeit sogar irgendwie nachvollziehen.

Denn natürlich ist es anstrengend, für sich selbst als Individuum einzustehen und die Schuld an seinem mangelnden Fortkommen nicht in erster Linie bei anderen zu suchen. Vor allem, da das Feindbild Mann so praktisch, weil klar umrissen und einfach ist. Sich stattdessen einzugestehen, dass die Widrigkeiten, die das Leben und die Welt da draußen für jeden bereithalten, sich nicht so simpel auf ein spezifisches Geschlecht fokussieren lassen, sondern eher diffus sind, macht eben nur halb so viel Spaß, vermute ich. (Eigen)Verantwortung ist ja auch sehr anstrengend.

Man könnte den Weltfrauentag allerdings zum Anlass nehmen, um sich ein paar ganz grundlegende Fragen zu stellen. Ist es normal, dass wir eine Frauenministerin haben? Oder Frauenförderprogramme, Gleichstellungsbeauftragte und Quotenfrauen? Es ist schon einigermaßen witzlos, auf der einen Seite davon auszugehen, dass Frauen Männern in nichts nachstehen (was ich tue), aber andererseits nicht damit aufzuhören, das Frausein als etwas grundsätzlich Förderungsbedürftiges darzustellen.

Und genau hier scheiden sich die Geister: Wer für Gleichberechtigung einsteht, akzeptiert, dass es keine absolute paritätische Verteilung der Geschlechter in jedem Lebensbereich geben kann, nur gleiche Chancen für alle. Wer Gleichstellung verlangt, pocht indes genau darauf, auf Gleichmacherei. Sie negiert das Individuum, den Leistungsgedanken und eben die hart erkämpfte Binse, dass Frauen genau dasselbe können wie Männer – wenn sie nur wollen.


4. Auch in der Schweiz war Frauenkampftag

Zum internationalen Frauentag sind in Winterthur am Dienstagabend rund 150 Personen durch die Innenstadt gezogen. (…) Plötzlich lösten sich rund ein Dutzend vermummte Demonstrantinnen aus der Kundgebung und griffen unvermittelt eine Gruppe von drei Polizistinnen mit Faustschlägen und Fusstritten an. Dabei wurde eine Polizistin leicht verletzt und musste ins Spital gebracht werden, schreibt die Polizei in einer Mitteilung. Die unbekannten Täterinnen konnten noch nicht festgenommen werden.


Wenn bei einer Veranstaltung von Männerrechtlern so etwas passiert wäre, wären unsere Leitmedien voll mit Artikeln über "toxische Männlichkeit", "militante Maskulisten" und "testosteronverklebte Hirne". Wenn aber Fraun gewalttätig ausrasten, wird das im "Frauen unterdrpckenden Patriarchat" achselzuckend hingenommen.

In Zürich mussten gegen Teilnehmer einer unbewilligten Demonstration mit mehreren Hundert Personen Reizstoff und Wasserwerfer eingesetzt werden. "Die Stimmung war aktivistisch und kämpferisch, was sehr toll war", sagt dazu Leah Heuri, Co-Präsidentin der städtischen Juso gegenüber 20 Minuten. Man habe gemeinsam ein Zeichen gegen das Patriarchat, die Ausbeutung, Diskriminierung und Unterdrückung gesetzt.



5. Was macht derweil die Männerbewegung? In einer Rundmail des Väteraufbruchs für Kinder, die auch mich erreicht hat, heißt es:

Lieber Herr Hoffmann,

die Ereignisse, Bilder und Nachrichten der vergangen Tage haben uns gezeigt, wie zerbrechlich der Frieden auch in Europa sein kann. Ohne jegliche politische Bewertung dürfte uns allen klar sein, dass Kinder in dieser besonderen Situation in ganz besonderem Maße leidtragend sind, Schutz und Hilfe benötigen. Nicht wenige von ihnen verlieren aktuell den Vater, die Mutter - im schlimmsten Fall sogar beide - Großeltern, familiäre und freundschaftliche Bande und eben ihr Zuhause.

Das "für Kinder" in unserem Vereinsnamen soll daher einmal mehr Anspruch und Ansporn zur Hilfe sein.

Wir wollen als Verein Kleidung, Spielsachen, Windeln, Feuchttücher, Trockenmilch, lange haltbare Kindernahrung, Verbandsmaterial, Iso-Matten, Schlafsäcke, etc. sammeln und dann in Richtung Auffanglager Przemysl in Polen transportieren bzw. transportieren lassen. Jeder von uns hat sicher ein paar zu klein gewordene Kindersachen, Kleidung oder Spielsachen die nicht mehr genutzt werden. Packt dazu die von Ihnen zu spendenden Sachen in Pakete (Kleidung bitte frisch gewaschen und trocken) und sendet diese bitte so, dass sie bis spätestens 18.03.2022 an folgenden Adressen ankommen:

Energy Rental Lager, c/o VAfK Ukraine-Hilfe , Groß-Berliner Damm 78, 12487 Berlin

Wer in unmittelbarer Umgebung wohnt, kann die Sachspenden gern auch nach Voranmeldung persönlich abliefern. Wir organisieren den Rest.

Zentraler Ansprechpartner für Rückfragen ist Marco Michelmann, via Mail: marco.michelmann@vafk.de




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