Donnerstag, August 08, 2019

FOCUS: "Es bedarf Widerspruch gegen die Sprachpolizei" – News vom 8. August 2019

1. Der bekannte Schriftsteller Reinhard Mohr (vormals "taz" und Spiegel-Online) fordert im "Focus" Widerstand gegen eine autoritäre Sprachpolitik. Ein Auszug aus dem sehr ausführlichen Artikel:

Als würde sich eine neue Aktion "Saubere Leinwand" – die Älteren erinnern sich – in alle Lebensbereiche ausbreiten, treten überall Hausmeister der guten Sache auf, "Blog-Warte" der einzig richtigen Gesinnung und Sprachpolizist*innen mit dem linguistischen Handmikroskop, um allfällige Verstöße gegen die politische Korrektheit zu melden und möglichst umgehend zu ahnden. (...) Selbst die lobenswerte Kampagne des Bundesverkehrsministeriums für Fahrradhelme, bei der "halbnackte Models" zu sehen waren, wie ausgerechnet der "Stern" monierte, geriet im Handumdrehen unter "Sexismus"-Verdacht.

(...) Bereits im Kinderzimmer lauern die Gefahren einer patriarchalisch-rassistisch-sexistischen Indoktrinierung, für die alte, nicht selten schon tote weiße Männer die Verantwortung tragen. (...) "Stark ist das neue hübsch", schrieb die Autorin Hatice Akyün in ihrer Kolumne für den Berliner "Tagesspiegel" und dekretierte im Namen einer alle Rollenklischees vermeidenden Gender-Gerechtigkeit: "Wir müssen aufhören, unsere Töchter hübsch zu finden."

(...) Hinter all diesen – übrigens komplett humorlosen und ironiefreien – Versuchen, die Welt von falschen Worten wie falschen Ansichten zu säubern, steckt ein totalitärer Impuls. (...) Nun sind es vor allem junge Gender-Aktivistinnen wie Margarete Stokowski, Mely Kiyak, Sophie Passmann und Ferda Ataman, die das Projekt als überzeugte Volkspädagoginnen mit Hang zum "Social Engineering" weiterverfolgen, bei dem das Sein dem Design folgen soll. Den zentralen Widerspruch ihrer Argumentation bemerken sie gar nicht: Sie feiern "Diversity", die "bunte" Gesellschaft der Vielfalt und Unterschiedlichkeit von (immer mehr) Identitäten, Geschlechtern, Ethnien und Kulturen, bekämpfen im selben Atemzug aber den – selbstverständlich kritischen – Diskurs über Unterschiede und ihre Folgen mit dem allgegenwärtigen Schlachtruf der "Diskriminierung".

(...) Noch ist diese Perspektive nur die Kopfgeburt einer Minderheit, deren akademische Fußtruppen erste Enklaven unserer Gesellschaft erobert haben. Um zu verhindern, dass sie sich weiter ausbreiten, bedarf es scharfen Widerspruchs – ob im Uni-Seminar, in der Polit-Talkshow oder im Deutschen Bundestag.


Der Artikel ist im Original in der aktuellen Ausgabe von "Die Politische Meinung", herausgegeben von der Konrad-Adenauer-Stiftung, erschienen.



2. Die US-amerikanischen Pfadfinder sehen sich mit Vorwürfen von massenhaftem sexuellen Missbrauch von Jungen konfrontiert. In den Darstellungen der Rechtsanwälte, die die mutmaßlichen Opfer vertreten, ist von über 350 Tätern und über 800 Jungen die Rede:

"Viele der Opfer können sich immer noch an den Geruch des Mannes erinnern, der in ihren Schlafsack gekrochen ist", sagte Rechtsanwalt Andrew Van Arsdale. "Das sind happige Schilderungen."

Noch beunruhigender sei, sagte [Rechtsanwalt Tim] Kosnoff, dass nur vier der 800 Opfer "den gleichen Täter identifizieren".

"Alle anderen identifizieren einen anderen Täter", sagte er.

Was die übergriffigen Grupenleiter angeht, sagte [Rechtsanwalt Stewart] Eisenberg: "Sie stammen aus dem ganzen Land" und aus verschiedenen Berufen.




3. Erstmals unterstützt mit Kirsten Gillibrand eine Kandidatin der Demokratischen Partei für die US-Präsidentschaft einen Jungen- und Männerrat des Weißen Hauses, den Männerrechtler wie Warren Farrell seit Jahren fordern.

Der Grund für diese Entwicklung mag sein, dass nach den beiden aktuellen Massakern Warren Farrell als Experte für die Jungenkrise allmählich gefragter wird (siehe etwa hier und hier).

Vielleicht haben die US-Demokraten aber auch einfach keine Lust, sich schon wieder von Trump rasieren zu lassen, weil sie die Anliegen männlicher Wähler aus ideologischen Gründen immer noch übergehen.

Mal gucken, wann hierzulande die SPD auf die Idee kommt, sich auch den Anliegen des männlichen Geschlechts anzunehmen – und das nicht nur mit Lippenbekenntnissen kurz vor der Bundestagswahl. 6,5 Prozent Absturzpotential haben die Spezialdemokraten ja noch, bis sie unter die Fünf-Prozent-Hürde sacken.



4. Die Post. Einer meiner Leser mailt mir heute in aller Kürze:

Unglaublich, wie selbst bei einer für Frauen positive und für Männer alarmierende Nachricht die Formulierung Frauen in die Opferrolle steckt: Immer weniger Frauen beginnen eine Ausbildung.


Wenigstens hat Spiegel-Online die Schlagzeile inzwischen in "Immer weniger Frauen beginnen eine Lehre" verändert. Trotzdem klingt es so, als ob Frauen dadurch in irgendeiner Weise diskriminiert würden, dass sie vermehrt an Hochschulen ziehen, während der niedrigere Bildungsweg überwiegend Männern überlassen bleibt.

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