Sonntag, November 25, 2018

Deutsche Männer sterben früher als alle anderen Westeuropäer – News vom 25. November 2018

1.
Im Vergleich zu ihren westeuropäischen Nachbarn haben Deutsche eine auffällig geringe Lebenserwartung. Die deutschen Männer bilden sogar das Schlusslicht, doch auch bei den Frauen ist noch viel Luft nach oben. Woran liegt das?


Das hat sich "Die Welt" näher angeschaut.



2. Berlins Grüne haben gestern den Weg für den Frauentag als Feiertag frei gemacht.



3. Bundesrichter Thomas Fischer widerspricht der vergangene Woche breitflächig lancierten Behauptung, es gäbe eine besorgniserregende Zunahme häuslicher Gewalt. Ein Auszug:

Der Tenor der Presseberichte ist durchweg überaus besorgt: "Alarmierende Zahlen" meldet die "SZ", "erschreckende Zahlen" der DLF; andere versuchen, noch mehr Drama aus den Fakten zu quetschen. Die "Zeit" hat entdeckt, es gebe (erneut) einen "blinden Fleck in der #MeToo-Debatte". Ich bin mir nicht sicher, ob dieses Alarmgeheul sachlich gerechtfertigt ist, die Ergebnisse der Untersuchung also zutreffend eingeordnet sind. Dazu ein paar Anmerkungen:

Man würde spontan nicht auf den Gedanken kommen, dass sich unter dem Stichwort "häusliche Gewalt" oder "Beziehungsgewalt" Phänomene verbergen wie "Zwangsprostitution" und "Zuhälterei". Sie sind aber in der neuen Statistik eingerechnet. Ebenfalls neu hinzugerechnet ist "Verletzung der Unterhaltspflicht" (§170 StGB, 5550 Fälle). Dieses Delikt, das im pflichtwidrigen Nichtzahlen von Geld besteht, läuft in Pressetexten unter der schönen Bezeichnung "ökonomische Gewalt" und ist auf diese Weise geeignet, die mediale "Gewalt"-Diskussion als Ganze ad absurdum zu führen. Denn wenn das Nichtzahlen von Unterhalt "Gewalt" sein soll, dann ist es jeder Diebstahl oder Betrug ebenfalls, und auch die Steuerhinterziehung oder das Nichtzahlen von Miete, Lohn oder Darlehensschulden. (...) Die Meldung "immer mehr Feuer brechen aus" ist nicht sinnvoll, wenn sie darauf beruht, dass seit letztem Jahr auch das unerlaubte Grillen dazugezählt wird. (...) Wenn man diese neu aufgenommenen Tatbestände abzieht, ist die Zahl der gemeldeten Taten nicht gestiegen, sondern um knapp 2000 gesunken.


Mir ist kein einziger Fall bekannt, wo in der vergangenen Woche ein Journalist diese Zahlentrickserie aus dem Hause Giffey (SPD) aufgedeckt hat. Nein, da muss erst ein Richter von außerhalb der juristischen Gruppe daherkommen. Fischer führt hierzu weiter aus:

Dieselbe Presse, die sich sonst seitenlang echauffiert über die politische "künstliche" Dramatisierung von Problemen wie z.B. Umweltgefahren (durch "politisch gesteuerte" Grenzwerte) oder Armut (durch angeblich "überzogene" Definitionen), erwähnt die statistischen Artefakte in der Gewaltdiskussion allenfalls an versteckter Stelle, bleibt aber tapfer beim "Alarm" in der Überschrift. "Politik und Staat müssen endlich mehr Verantwortung übernehmen", kommentierte die "SZ" - was immer das heißen mag. Hintergrund: Vorstellung eines Programms für die Förderung von mehr Frauenhäusern.

Gegen dieses Ziel ist wahrlich nichts einzuwenden. Es muss aber auch nicht mit einem Getöse verkündet werden, als ob die nächste Staatskrise hereingebrochen sei. Und es muss auch im Jahr 2018 nicht beworben werden mit dem Slogan "Endlich das Schweigen brechen". Denn es gibt - nach meiner Wahrnehmung - kein gesellschaftliches "Schweigen" in bemerkenswertem Umfang über geschlechtsspezifische Beziehungsgewalt. Vielmehr gibt es in Medien, Parteien, Unternehmen, öffentlichen Ämtern, medizinischen Einrichtungen ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und "Sensibilität" dafür, ebenso bei den (meisten) Strafverfolgungsorganen. Ein paar andere "Dunkelfelder" könnten angesprochen werden. Die weitaus meisten Tötungsopfer z.B. sind nicht Frauen, sondern Männer.




4. Die Neue Zürcher Zeitung beschäftigt sich mit der neuen Sehnsucht nach dem Prüden, das durch die MeToo-Debatte deutlich wurde. Ein Auszug aus dem Artikel von Birgit Schmid:

Wenn es um moralische Verfehlungen geht, sind viele Amerikaner reizbarer als ihr Präsident. Trotzdem zeigt dieser Versuch, einen Mann zu Fall zu bringen nach einer Trennung, die der Frau offensichtlich psychisch zusetzte, welche Richtung die Debatte um Sexismus und sexuelle Belästigung nehmen kann. Steht in Zukunft auch emotionales Fehlverhalten in intimen Beziehungen am Pranger, reduziert sich der Spielraum zwischen den Geschlechtern auf etwas, das niemand wollen kann. Wird schon ein Gefühlsausbruch als Übergriff empfunden, bleibt nach einem Jahr #MeToo das Fazit: Die Debatte steht davor, zu überdrehen.

(...) Der Aufforderung zum Entsorgen der Männer liegt die für den Dialog der Geschlechter wenig hilfreiche Prämisse zugrunde, dass jeder Mann ein potenzieller Täter ist. Es erleichtert einen schon fast, wenn zu den Beschuldigten dann auch einmal Frauen gehören. Trotz gegenteiligem Eindruck: Frauen sind nicht das moralisch überlegene Geschlecht. Die kanadische Autorin Margaret Atwood wies angesichts des "Tugendterrors" von #MeToo schon früh darauf hin: Auch Frauen seien "menschliche Wesen mit der ganzen Bandbreite zwischen heiligem und dämonischem Verhalten, einschliesslich des kriminellen". Sie seien weder "Engel, die nichts Falsches tun können, noch Kinder, die nicht fähig sind, eine moralische Entscheidung zu treffen". Sie wurde dafür als "schlechte Feministin" beschimpft.

(...) Ruft man als Frau nach jeder unangenehmen Begegnung "me too", verharrt man auf der schwachen Position. Man richtet sich in der Opferrolle ein, bezieht daraus einen psychologischen Gewinn. Anders als im Arbeitsumfeld, wo vielleicht Machtstrukturen die weibliche Passivität erklären, sollte sich eine Frau in privaten Beziehungen mit einem selbstbestimmten Nein wehren können. Sonst im Alltag verschafft sie sich doch auch lautstark und furchtlos Gehör.

Stattdessen macht #MeToo Frauen zu Überempfindlichen und Empörten, die überall Unrecht und Benachteiligung wittern. Zu einem Aufschrei kommt es bereits, wenn auf einem Podium mehr Männer als Frauen sitzen – egal, ob dabei über Rüstungsgeschäfte oder Fussball diskutiert wird. Schon ein numerisches Ungleichgewicht gilt nun als Beweis für das Fortwirken des Patriarchats.

(...) Schon länger verfassen Schulen Richtlinien, wie man sich vor falschen Anschuldigungen schützt: indem man zum Beispiel nur noch bei offener Tür unterrichtet. (...) Vorschriften für den Umgang zwischen den Geschlechtern mögen gut gemeint sein, haben aber etwas Bevormundendes. Erwachsenen wird die Fähigkeit abgesprochen, selbstverantwortlich zu handeln. Fürchtet euch vor dem andern wie vor euch selbst, wird damit ausgesagt.




5. Zuletzt: In Neuseeland wurde der Weihnachtsmann wegen Frauenfeindlichkeit gefeuert.

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