Sonntag, Juli 05, 2015

Vermischtes

Der aktuelle Rechtsrutsch der AfD sorgt für einigen Unmut auch im liberal-konservativen Lager. Der CICERO spricht inzwischen von einer "NPD mit Hochschulabschluss", das ehemalige AfD-Mitglied Hans-Olaf Henkel von einer "NPD im Schafspelz". Nichts Gutes für die Homosexuellen sagt in diesem Zusammenhang David Berger voraus:

Mit Frauke Petry haben die nationalkonservativen Homophoben das Zepter in der Partei übernommen. Aus der blauen, mit einem ganz leichten, für viele nicht wahrnehmbaren rosa Anstrich versehenen Partei wird nun eine braune werden. Sie wird Schwulen und Lesben nur unter Selbstverleugnung Heimat sein können. Dies ist auch Politikern wie Ilg klar, der bisher bei den "Homosexuellen in der AfD" am eindeutigsten für die Gleichberechtigung homosexueller Menschen gekämpft hat. Sein Statement nach der Wahl Petrys: "Die AfD wird von den rechten Zecken zerbissen werden." Er sieht für sich "keine Zukunft mehr innerhalb der Partei." Beobachter gehen davon aus, dass André Yorulmaz einen ähnlichen Weg gehen wird. Lediglich Welsch scheint auf den neuen Kurs eingeschwenkt zu sein und wirft seinen ehemaligen Mitstreitern bei der Bundesinteressengemeinschaft "Fahnenflucht" vor.


Die Ostthüringer Zeitung hat zwei Artikel über Tristan Rosenkranz' Verein "Gleichmaß" veröffentlicht. "Gleichmaß" gehört zu dem Bündnis für Geschlechtergerechtigkeit, das kürzlich den Offenen Brief an Ministerin Schwesig erstellte.

Man freut sich ja bis zu einem gewissen Punkt, wenn an Frauen vor Gericht endlich dieselben Maßstäbe angelegt werden wie an Männer, aber mitunter führt das auch zu einer absurden Eskalation. Aktueller Fall: Eine Lehrerin (30) hat mit drei 17jährigen Schülern Sex. Warum man das nicht einfach so hinnehmen kann, brauche ich wohl kaum zu erklären. Reichlich extrem fällt dem unbenommen das Urteil aus: 22 Jahre Knast.

Ronja von Rönne hat den Bachmann-Preis zwar nicht gewonnen, wird dafür aber von der taz so gewürdigt, als ob das der Fall gewesen wäre. Klingt vielleicht langweilig, ist aber gerade im Zusammenhang mit dem Geschlechthema ein erwähnenswerter Artikel.

Für die ZEIT interviewt der Journalist und Theologiestudent Hannes Leitlein den Lehrer Gabriel Stängle, der die Petition gegen den baden-württembergischen Bildungsplan initiierte. Das Gespräch gerät ein bisschen arschig: Stängle spricht von "totaliären" Ansätzen des Bildungsplans – Leitlein versucht, ihm zweimal "faschistisch" zu unterschieben, das Argument "Applaus von der falschen Seite" wird reichlich ausgewalzt, und als das alles nicht klappt, versucht Leitlein es mit Fangfragen wie "Gibt es eine Homo-Lobby"? Eine nette Zwickmühle: Einerseits wäre es lächerlich zu bestreiten, dass die LGBTusw.-Fraktion über eine starke Lobby verfügt, die man nun mal irgendwie bezeichnen muss, andererseits ist die Bezeichnung "Homo-Lobby" so kennzeichnend für ein stramm rechtes Spektrum, dass man Leute, die diesen Begriff verwenden, dort auch gegen deren eigentlicher Position rhetorisch hineinschieben kann. Stängle lässt sich auf keines dieser Spielchen ein und gibt stattdessen klare Antworten wie diese:

Das Problem ist nicht das Thematisieren von Geschlechterrollen im Unterricht, sondern die unklare Vermischung von sozialen Rollen mit einer spekulativen Theorie, die die Geschlechterdualität von vornherein, aufgrund des konstruktivistischen Weltbildes, leugnet und die sexuelle Empfindungen eins zu eins mit Identität gleichsetzt. Diese Vermischung der Ebenen setzt sich in dem Bestreben, die Sprache zu reglementieren, fort.

"Geschlechtergerecht" im Hinblick auf Sprache ist keine Sachaussage, sondern eine Wertaussage. Jedem, der sich diesem neuen Sprachmodus verweigert, wird damit unterschwellig unterstellt, unmoralisch zu handeln. (...) Was ich sehe, ist, dass alle totalitären Ideologen des 20. Jahrhunderts die Manipulation von Sprache im Zentrum ihres Handelns hatten. Und jetzt erscheinen derartige Vorgaben in den Leitperspektiven des Bildungsplans.

(...) Mir geht es um das Indoktrinationsverbot. (...) Es ist doch erschreckend, dass in der Erstellung des Aktionsplans mit und von Ministerialvertretern überhaupt darüber diskutiert wird, in die Meinungs-, Presse-, Glaubens- und Forschungsfreiheit einzugreifen. Dass es Frau und Mann gibt, gilt als veraltetes Menschenbild. Hochschulen, an denen dies der Forschung zugrunde liegt, sollten Gelder gestrichen werden. Es soll Druck auf Kirchen und Glaubensgemeinschaften ausgeübt werden, um die Segnung von Homosexuellen zu erzwingen und queere Gottesdienste zu feiern. Da ist die Bekenntnisfreiheit betroffen. Wo die dritte Elternschaft für sogenannte Regenbogenfamilien eingeführt werden soll, ist Artikel 6 betroffen. Die Forderung nach Sanktionen für transphobe und homophobe Medien kommt einer aktiven Medienüberwachung gleich. Nach meinem Empfinden atmet dieses Konglomerat von Reglementierungen einen Geist, der mit einem freiheitlich-demokratischen Verständnis nichts zu tun hat.


Man hätte diese Positionen durchaus kritisch hinterfragen können. Aber dazu hätte man andere Fragen stellen müssen als solche, die offenkundig dazu gedacht sind, Stängle als "Rechten" zu überführen. Das ist misslungen.

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