Genderstudien und die Logik der Feindschaft
Alexandra Weiss, Innsbrucker Koordinatorin im Büro für Gleichstellung und Gender Studies, ist richtig sauer – doch zum Glück gibt ihr die taz die Gelegenheit, ihre Empörung öffentlich zu machen: "Die aktuell populäre Rede von der „Krise der Männlichkeit“ und der damit einhergehende Antifeminismus sind Ausdruck eines Verteilungskampfs. In der Krise sollen damit gefährdete männliche Machtpositionen abgesichert werden."
Irritierend bei einer Frau, die eine wissenschaftliche und öffentlich finanzierte Auseinandersetzung mit Geschlechterverhältnissen zu ihrem Beruf gemacht hat, ist hier unter anderem die Tatsache, dass sie noch nicht einmal auf die Idee kommt, es könnte tatsächlich auch gesellschaftliche Nachteile für Männer geben – jedes Reden davon habe lediglich die Absicherung männlicher Machtpositionen im Auge.
Mit diesen Absätzen beginnt der dritte und letzte Teil von Lucas Schoppes Sommerserie "Sind seriöse Genderstudien möglich?" Der lange und tiefschürfende Text, den man nicht mal eben so zwischen zwei Bissen seines Frühstücksbrots versuchen sollte zu lesen, endet mit einigen Kriterien, die notwendig wären, damit sich die Genderstudien zu einem seriösen wissenschaftlichen Feld entwickeln, zieht in dieser Hinsicht aber auch ein pessimistisches Fazit: Eigentlich
müsste eine seriöse Geschlechterforschung die Lebensbedingungen von Männern ebenso ernst nehmen wie die von Frauen, auch die von alten weißen heterosexuellen Männern, und maskulistische, feminimuskritische, feminismus- und maskulismuskritische Positionen müssen dort eine ebenso selbstverständlichen Platz haben wie feministische.
Dass eine solche seriöse Geschlechterforschung utopisch ist, liegt eben daran, dass in den vergangenen Jahren mit verantwortungsloser Kopflosigkeit und enormen finanziellen Einsatz ein "Wissenschaftsbereich" flächendeckend aufgebaut wurde, der bis heute in jeder Hinsicht einen Nachweis schuldig geblieben ist, seriöse wissenschaftliche Standards entwickeln und etablieren zu können oder auch nur zu wollen. Wer nun aber in diesem Bereich Positionen besetzt, wird sie auch verteidigen.
Es ist sehr schade, aber wohl auch kein Zufall, dass dieser Bereich in eben der Zeit überhastet und kopflos etabliert wird, in der sich die außer-akademische Diskussion über Geschlechterverhältnisse – wie ja etwa der eingangs zitierte Text von Weiss zeigt – öffnet und von feministischen Einseitigkeiten verabschiedet. Der Feminismus wagt nicht den langen Marsch durch die Institutionen, sondern verschanzt sich in ihnen.
Die Autoren der Böll-Stiftung liegen also so falsch wie nur möglich, wenn sie glauben, Kritiker der Gender Studies hätten Angst vor einem Wandel der Geschlechterverhältnisse (...) – tatsächlich sind es eben gerade die Gender Studies, die den Zweck erfüllen, das akademische Gespräch über "Geschlechterverhältnisse" für die nächsten Jahrzehnte stillzustellen und eine Forschung zu etablieren, die nicht forscht, sondern zuverlässig allein an der Bestätigung ihrer eigenen Voraussetzungen interessiert ist.
Kurz gefasst: Die größten Feinde einer seriösen Geschlechterforschung agieren wohl in den institutionalisierten Gender Studies.
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