Professorin rät Männern unter 60: Antrag auf Kriegsdienstverweigerung jetzt vorsorglich stellen
1. N-tv berichtet:
Die künftige Bundesregierung aus Union und SPD hat es sich zum Ziel gesetzt, einen neuen Wehrdienst einzuführen. Dieser soll zunächst auf Freiwilligkeit beruhen. Kommt es aber wirklich zum Spannungs- oder Verteidigungsfall, würde die Wehrpflicht, wie es sie bis zum Jahr 2011 gab, automatisch wieder aufleben. So sieht es das Gesetz vor.
Ist es für Männer im wehrpflichtigen Alter, die nicht zur Waffe greifen wollen, vor diesem Hintergrund also womöglich sinnvoll, jetzt noch vorsorglich den bewaffneten Kriegsdienst zu verweigern? Kathrin Groh, Professorin für Öffentliches Recht an der Universität der Bundeswehr München, hält das im Diskussionsforum "Verfassungsblog" zumindest für "taktisch klug". Denn unter den "bislang unverändert geltenden, großzügigen rechtlichen Bedingungen" könnte es einfacher sein, einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung bewilligt zu bekommen.
Wie Professorin Groh in ihrem Beitrag ausführt, träfe eine wiederbelebte Wehrpflicht deutsche Männer zwischen dem 18. und dem 60. Lebensjahr (§ 3 Abs. 5 WPflG).
Allerdings gibt sie zum Teil auch Entwarnung (Rechtschreibfehler von mir korrigiert):
Selbst wenn ein Krieg mit Russland wahrscheinlich sein sollte, steht Deutschland nicht alleine da. Die gesamte NATO wird Europa verteidigen. Zählt man Reserve und paramilitärische Einheiten zu den aktiven Soldaten hinzu, ist die NATO mit 8,7 Millionen Soldaten aktuell besser aufgestellt als Russland. Dass die alte Massenwehrpflicht wiederkommen wird, ist deshalb unwahrscheinlich. Pläne zur Änderung des WPflG und des KDVG sind derzeit nicht bekannt. Die Fülle an Wehrdienstausnahmen und das schriftliche Regelverfahren nach dem KDVG mit seiner hohen Anerkennungsquote sind also erst einmal auch für den Spannungs- und Verteidigungsfall sicher.
2. Eine Umfrage unter Acht- und Zehntklässlern in den USA zeigt, dass immer weniger von ihnen sich feministischen Einstellunen zur Gleichstellung der Geschlechter anschließen:
Im Jahr 2018 stimmten 84 % der Jungen der 8. und 10. Klasse zu, dass Frauen die gleichen beruflichen Möglichkeiten haben sollten wie Männer. In den letzten fünf Jahren sank diese Zahl jedoch auf 72 %. Der Anteil der Jungen, die dieser Ansicht voll und ganz zustimmen (im Gegensatz zu "überwiegend zustimmen"), ist sogar noch stärker gesunken, nämlich von 63 % auf 45 %.
Der Anteil der Jungen, die der Meinung sind, dass Frauen gleiche Entlohnung verdienen, fiel ebenfalls von 87 % im Jahr 2018 auf 79 % im Jahr 2023. Der Anteil derjenigen, die dem voll und ganz zustimmen, sank von 72 % auf 57 %.
Jetzt kann man sich vorstellen, dass gleich das übliche Geplärre losgeht: "Das kommt nur von den fiesen Incels und der Manosphäre im Internet!!!" Aber sind solche kruden Behauptungen stichhaltig?
Viele Kommentatoren, die sich mit dem Thema Frauenfeindlichkeit unter Jungen befassen, geben schnell den sozialen Medien und Internet-Subkulturen wie der "Manosphäre" oder den "Incels" die Schuld. Einige verweisen auf Belege dafür, dass Algorithmen in sozialen Medien tendenziell frauenfeindliche Inhalte verstärken. Diese spezielle Hypothese wird durch die Daten dieser Umfrage nicht bestätigt.
Seit 2018 werden Kinder in der Umfrage nach ihrer Zeit gefragt, die sie in sozialen Netzwerken, beim Ansehen von Videos und beim Spielen von Videospielen verbringen. Es wurde jedoch nur nach der Zeit gefragt, die sie mit den einzelnen Aktivitäten verbrachten, nicht nach der Art der konsumierten Inhalte. Die Daten zeigen, dass der Anteil der Jungen, die die Gleichstellung der Geschlechter befürworten, bei denjenigen, die am wenigsten Zeit mit sozialen Netzwerken verbringen, am stärksten gesunken ist.
Es scheint auch, dass Jungen, die am wenigsten Zeit mit dem Anschauen von Videos verbrachten, die größte Abnahme der Unterstützung für die Gleichstellung der Geschlechter erlebten.
Videospiele scheinen auch nicht als Schuldige in Frage zu kommen, denn auch hier waren es die Nicht-Spieler, die seit 2018 die größten Rückgänge im Glauben an die Gleichstellung der Geschlechter zu verzeichnen hatten.
(…) Hängt die abnehmende Popularität der Gleichstellung der Geschlechter mit sozialer Isolation zusammen? Vielleicht nicht auf die Art und Weise, die man erwarten könnte. Die Gleichstellung der Geschlechter scheint sowohl bei den sozialen als auch bei den nicht-sozialen Jungen an Popularität verloren zu haben, aber der Rückgang scheint bei den sozialeren Jungen größer gewesen zu sein, nicht weniger.
Ein ähnliches Bild ergibt sich in Bezug auf Verabredungen. Im Gegensatz zu der Hypothese, dass Frauenfeindlichkeit durch romantische Kämpfe angetrieben wird, war die Unterstützung für die Gleichstellung der Geschlechter bei Jungen, die sich mit Frauen verabreden, in der Regel geringer und ging bei Jungen, die sich zu Dates verabreden, in ähnlichem Maße zurück wie bei denen, die sich nicht verabreden.
Eine immerwährende Hypothese über das Verhalten von Jungen lautet, dass alles mit dem Fehlen einer Vaterfigur im Haushalt zusammenhängt. Aber die Ansichten über die Gleichstellung der Geschlechter waren in den letzten drei Jahrzehnten bei Jungen, die einen Vater im Haushalt hatten oder nicht, fast identisch. Und das scheint sich auch während des derzeitigen Rückgangs nicht geändert zu haben.
Im Allgemeinen befürworten Jungen mit weniger gebildeten Eltern die Gleichstellung der Geschlechter in geringerem Maße. Diese Kluft hat sich jedoch in den letzten Jahren geschlossen, da der Rückgang der egalitären Ansichten bei Jungen mit Müttern mit Hochschulbildung stärker ausfiel als bei Jungen mit Müttern ohne Hochschulbildung.
Der einzige relevante Faktor, den man überhaupt ausmachen konnte, war Religion. Aber auch das überzeugt nicht wirklich, zumal bloße Korrelation keine Kausalität bedeutet. Insofern endet der verlinkte Artikel damit, dass weitere Forschung notwendig ist, um diesen Rückgang an feministischen Überzeugungen bei männlichen Jugendlichen zu erklären.
3. Die Post. Einer meiner Leser schreibt mir heute:
Sehr geehrter Herr Hoffmann,
die österreichischen Feminstinnen, die gegen die Wehrpflicht für Frauen sind und das mit fehlender Gleichstellung in anderen Bereichen begründen, könnte man vielleicht daran erinnern, dass es in vielen Verfassungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts üblich war, dass das Ableisten der Wehrplicht die Vorraussetzung zum Erlangen diverser Rechte wie z.B. dem Wahlrecht gewesen ist. Mitunter war das direkt so formuliert. In Österreich und Deutschland wurde das so gestaltet, dass Männer ab dem Alter von 20/21 wehrpflichtig aber erst ab 24/25 wahlberechtigt waren, womit die Wahrnehmung von Pflichten der Wahrnehmung von Rechten vorausging. In der Schweiz war die Kopplung von Wehrpflicht und Wahlrecht einer der wesentlichen Gründe für die späte Einführung des Frauenwahlrechts.
Das ist eines der vielen Beispiele für das selektive Vergessen in den Geschlechterdebatten, wenn es um historische Ungleichheit geht. Dank diesem selektiven Vergessen kann man dann jetzt eine Gleichverpflichtung von Frauen und Männern hinauszögern, indem man das Verhältnis von Pflichten und Rechten genau andersrum darstellt, als es historisch tatsächlich normal war.
Dieses selektive Vergessen konnte man zuletzt auch wieder beobachten, als zur Bundestagswahl wieder das Abstimmungsverhalten von Merz zur Reform des Vergewaltungsparagraphen im Jahr 1997 thematisiert wurde. Durchgehend alle Medienberichte zu diesem Thema stellen es so dar, dass Vergewaltigungen bis dahin vom Gesetz als außerehelich definiert wurden. Gleichzeitig lassen ausnahmslos alle Berichte zu diesem Thema die Information vermissen, dass Vergewaltigungen bis dahin vom Gesetz als Taten definiert wurden, die an Frauen begangen werden und damit männliche Opfer vom Schutz durch diesen Paragraphen grundsätzlich ausgeschlossen waren.
Dieses selektive Vergessen scheint immer eine der Methoden zu sein, um die jetzige einseitige Gleichstellungspolitik zu rechtfertigen: indem man den falschen Eindruck erweckt, dass historische Ungleichheiten einseitig immer nur Frauen getroffen hätten.
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