Sonntag, Mai 10, 2020

"Die Welt": Warum sind in der Corona-Debatte Väter unsichtbar? – News vom 10. Mai 2020

1. In dem Artikel "Sind Väter nicht gerade genauso gestresst wie Mütter?" macht die "Welt"-Redakteurin Dietgard Stein darauf aufmerksam, wie sehr in der Debatte über elterliches Leiden während der Corona-Pandemie Väter kaum Erwähnung finden, ja, sogar so getan wird, als werde Erziehung und Haushalt allein von Müttern gestemmt:

Schaue ich mich auf den Straßen, in meinem Bekanntenkreis und ja, auch in meinen eigenen vier Wänden um, sehe ich Väter, die ihre Babys umhertragen oder -schieben, mit ihren Kindern spielen und zu Hause (mit) den Haushalt und das Homeschooling schmeißen. Daher überraschen Aussagen, wie sie etwa Moderatorin Collien Ulmen-Fernandes kürzlich in einem Radiointerview äußerte, nämlich, dass sie überall nur Mütter mit ihren Kindern auf den Straßen sehe.

(…) Ja, vielleicht kocht sie regelmäßig das Abendessen für die komplette Familie – dafür übernimmt er die täglichen Tobe-Einheiten mit den Kindern. Und ja, vielleicht ist immer sie es, die sich Jahr für Jahr um saubere Fenster kümmert – dafür ist er es, der das Katzenklo vom Mief befreit.

(…) Einige Fälle in meinem Freundeskreis haben tatsächlich gezeigt, dass die aktuellen Umstände Väter dazu gebracht haben, mehr Aufgaben in der Familie und im Haushalt zu übernehmen, als sie es vor der Corona-Krise getan haben. Und zwar aus dem einfachen Grund, weil sie derzeit mobil statt im Büro arbeiten – und ihre Partnerin nicht.


Hier findet man den vollständigen Artikel. Er straft vor allem die feministischen Diskurse Lügen, die so tun, als würde die gleichberechtigte Aufteilung der Geschlechterrollen durch die Pandemie um dreißig Jahre zurückgeworfen. (Jutta Allmendinger und Anne Will glauben allen Ernstes daran.)



2. Die Basler Zeitung (BaZ) berichtet:

Eine Mutter versucht systematisch, ihre Söhne vom Vater abzuschotten. Der Schulpsychologische Dienst hilft ihr dabei. Erst auf Intervention der BaZ machen die Behörden einen Rückzieher und formulieren ein "Mea culpa".


Hier geht es weiter mit dem Artikel "Behörden grenzen Vater aus", allerdings hinter einer Bezahlschranke. (Ein Leser schickte mir den Artikel freundlicherweise im Volltext zu.)



3. Inzwischen beschäftigt sich auch "Die Zeit" mit dem Phänomen der "toxischen Weiblichkeit", reduziert es allerdings auf mangelnde feministische Solidarität im Kampf gegen die Unterjochung der Frau in unserem Patriarchat.



4. Der aktuelle Spiegel beschäftigt sich in René Pfisters Artikel "In dubio pro Joe" (nur im Anriss online) mit den Vorwürfen gegen Joe Biden und wie die Frauen der Demokratischen Partei damit umgehen, für die Biden als US-Präsidentschaftskandidat antreten wird. Ein Auszug:

Es war angesichts der Schwere der Vorwürfe ein erstaunlich knappes Statement. Gillibrand war nicht die einzige prominente Demokratin, die bereit war, Biden ohne viel Federlesens die Absolution zu erteilen. Die Senatorin Elizabeth Warren nannte Bidens Unschuldsbekundungen "glaubhaft und überzeugend". Gretchen Whitmer, die Gouverneurin von Michigan, erklärte, nicht jede Aussage eines Opfers sexueller Gewalt sei gleich gewichtig. Was die drei Frauen eint, ist die Hoffnung, im Falle eines Wahlsiegs im November Bidens Vizepräsidentin zu werden.

(…) Schon heikler ist, dass auch viele Feministinnen fassungslos darüber sind, wie schnell Politikerinnen, die vor Kurzem an der Spitze der #MeToo-Bewegung mitmarschiert sind, nun Grundsätze über Bord werfen. "Es ist schlicht und einfach ein Witz, wenn hoch respektierte Frauen öffentlich sagen, sie würden dem Wort Bidens glauben, ohne dass die Vorwürfe gegen ihn auch nur im Ansatz überprüft worden sind", sagt Michele Dauber, die an der juristischen Fakultät der Universität Stanford lehrt. "Die Botschaft lautet: Ob einem Opfer sexueller Gewalt geglaubt wird oder nicht, hängt davon ab, wen man beschuldigt." Dauber ist eine der bekanntesten Frauenrechtlerinnen der USA.

(…) Sie wisse nicht, ob die Vorwürfe von Tara Reade zuträfen, sagt Dauber. Aber das Mindeste wäre, dass die Partei diese von einer unabhängigen Instanz überprüfen lasse. "Wenn es keine Untersuchung gibt und es stellt sich später heraus, dass die Anschuldigungen stimmen, wird Bidens Präsidentschaft implodieren", warnt die Professorin.


Derweil hält Tara Reade an ihren Vorwürfen gegen Biden fest. In einem Interview, das sie am Donnerstag der US-Journalistin Megyn Kelly gab (hier ein zentraler dreiminütiger Ausschnitt und hier das komplette Interview), erklärt Rade, sie würde ihre Anschuldigungen auch unter Eid vorbringen und sich einem Kreuzverhör unterziehen lassen. Zu einer Untersuchung durch einen Lügendetektor wäre sie bereit, wenn dies auch für Biden gälte. Bereits jetzt sei sie in den sozialen Medien heftigen Angriffen ausgesetzt.

Inzwischen wurde ein Gerichtsdokument aus dem Jahr 1996 ausfindig gemacht, das nachweist, dass Tara Reade schon damals davon gesprochen hatte, während ihrer Tätigkeit für Joe Biden sexuell belästigt worden zu sein. Biden wurde allerdings nicht explizit als Täter benannt.



5. Normalerweise wird nur im Zusammenhang mit Frauen darüber gesprochen, dass sie einem kaum erreichbaren Körper- und Schönheitsideal hinterher jagen und sich damit vor allem selbst quälen. Tatsächlich aber haben immer mehr Jungen und junge Männer dasselbe Problem, warnt der britische Guardian:

"Der Druck auf junge Männer und Jungen, muskulöser zu werden, ist gewachsen", sagt Jason Nagata, Assistenzprofessor für Pädiatrie an der Universität von Kalifornien, San Francisco, und Experte für Körperbild und Essstörungen. In einer 2018 im Journal of Adolescent Health veröffentlichten Studie mit mehr als 15.000 US-Highschool-Schülern berichtete fast ein Drittel der 13-18-jährigen Jungen, dass sie versuchen, an Gewicht oder Masse zuzunehmen. Dieser Ehrgeiz betrifft sogar kleine Kinder. "Es gibt Studien, die zeigen, dass Jungen bereits im Alter von sechs Jahren den Wunsch verinnerlichen, muskulös zu sein", sagt Nagata.

(...) Zu den Symptomen einer Muskeldysmorphie gehören zwanghaftes Training, die Bevorzugung von Sport gegenüber Familie und Freunden sowie der Missbrauch von anabolen Steroiden, Nahrungsergänzungsmitteln und Proteinshakes. Ein BBC-Bericht aus dem Jahr 2015 schätzt, dass 10% der Männer, die Fitnessstudios benutzen, an einer Muskeldysmorphie leiden. Zwar gibt es keine vergleichbaren Zahlen für Jungen im Teenageralter, aber eine 2019 im International Journal of Eating Disorders veröffentlichte Studie ergab, dass 22% der jungen Männer zwischen 18 und 24 Jahren aufgrund des Wunsches, ihre Muskeln zu stärken, an einer Essstörung litten, während eine 2011 im British Journal of Psychiatry veröffentlichte Studie herausfand, dass Jungen 33% der "anderen Essstörungen" ausmachten - eine Sammelkategorie, zu der auch die Bigorexie gehört.


Generelles Interesse am Thema vorausgesetzt, ist der Artikel insgesamt lesenswert.



6. Zu den Werken der Weltliteratur gehört William Goldings "Herr der Fliegen" über eine Gruppe von sechs- bis zwölfjährigen Jungen, die nach einem Schiffsuntergang auf einer einsamen Insel stranden und daraufhin dort eine Gesellschaft des Terrors begründen, unter der vor allem die Schwächsten der Gruppe zu leiden haben. Drei Jungen sterben im Verlauf der Konflikte. Das Buch wurde ein weltweiter Bestseller.

Als sechs Jungen des pazifischen Königreichs Tonga tatsächlich für 15 Monate auf einer verlassenen Insel überleben mussten, schufen sie jedoch eine komplett anderee Gesellschaft. Darüber berichtet ein Auszug von Rutger Bregmans Buch "Im Grunde gut", der ebenfalls im britischen Guardian veröffentlicht wurde:

Die Jungen hatten eine kleine Kommune mit Lebensmittelgarten, ausgehöhlten Baumstämmen zur Speicherung von Regenwasser, einer Turnhalle mit Gewichten, einem Badmintonplatz, Hühnerställe und einem dauerhaften Feuer eingerichtet, alles per Handarbeit, einer alten Messerklinge und viel Entschlossenheit. Während sich die Jungen in "Herr der Fliegen" über das Feuer zerstritten, hüteten die Jungs in dieser Real-Life-Version ihre Flamme, so dass sie mehr als ein Jahr lang nie erlosch.

Die Kinder erklärten sich bereit, in Zweierteams zu arbeiten und einen strengen Dienstplan für Garten, Küche und Wachdienst zu erstellen. Manchmal stritten sie sich, aber wann immer das geschah, lösten sie das Problem, indem sie eine Auszeit verordneten. Ihre Tage begannen und endeten mit Gesang und Gebet. Kolo bastelte aus einem Stück Treibholz, einer halben Kokosnussschale und sechs Stahldrähten, die er aus ihrem Schiffswrack geborgen hatte (…) eine Behelfsgitarre und spielte sie, um ihre Stimmung zu heben. Und ihre Stimmung musste gehoben werden. Den ganzen Sommer lang regnete es kaum, was die Jungen vor Durst verrückt machte. Sie versuchten, ein Floß zu bauen, um die Insel zu verlassen, aber es zerfiel in der krachenden Brandung.

Am schlimmsten war, dass Stephen eines Tages ausrutschte, von einer Klippe stürzte und sich das Bein brach. Die anderen Jungen suchten sich nach ihm einen Weg nach unten und halfen ihm dann wieder nach oben. Sie setzten sein Bein mit Stöcken und Blättern fest. "Mach dir keine Sorgen", scherzte Sione. "Wir werden eure Arbeit erledigen, während ihr wie König Taufa'ahau Tupou selbst daliegt!"


Rutger Bregmann interessierte sich dafür, warum William Golding sich stattdessen eine Welt ausdachte, in der die Jungen eine Hölle auf Erden schufen:

Ich erfuhr, was für ein unglücklicher Mensch er gewesen war: ein Alkoholiker, der zu Depressionen neigte; ein Mann, der seine Kinder schlug. "Ich habe die Nazis immer verstanden", gestand Golding, "weil ich von Natur aus zu dieser Sorte gehöre". Und es war "zum Teil aus dieser traurigen Selbsterkenntnis heraus", dass er "Herr der Fliegen" schrieb.


Ich frage mich, wieviel davon sich auf diejenigen Feministen übertragen lassen, die Jungen und Männer in ihren Werken ebenfalls in den schwärzesten Farben malen. Das Thema "Joe Biden" hatten wir heute ja schon.



7. Man muss der männerhassenden Fraktion der Feministinnen allerdings auch eine gewisse Brillanz zugestehen, was perfide Strategien dabei angeht, sich als Opfer zu inszenieren. So ist die australische Feministin Clementine Ford bekannt für wiederholte Forderungen, dass man sämtliche Männer umbringen solle.. Als ihr ein dadurch verstörter 14jähriger Junge daraufhin schreibt, sie solle sich selbst umbringen, veröffentlicht sie sein Foto und seinen Namen und zeigt sich erschüttert, dass ihr Männer solche schlimmen Dinge schreiben würden: "Das kam aus heiterm Himmel, ich hatte vorher überhaupt keinen Kontakt mit ihm, so wie mit all den anderen. Was er mir geschrieben hat, hat mich wirklich aufgewühlt, ich bin entsetzt über die gewalttätige Sprache, die viele Teenager an den Tag legen. Was geht in den Köpfen von Menschen vor, die solche Dinge von sich geben?"



8. Der Blogger Gunnar Kunz hat eine Gedenkseite für all die männerpolitischen Aktivisten und Kommentatoren eingerichtet, die gestorben sind, noch bevor sie miterleben konnten, dass sich für Männer in unserer Gesellschaft spürbar etwas verbessert hat.

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