Samstag, April 27, 2019

Kopftuchdebatte: Goethe-Universität Frankfurt erntet, was sie gesät hat – News vom 27. April 2019

1.
Studenten fordern den Rücktritt einer Professorin – weil sie eine Veranstaltung zum Thema "Das islamische Kopftuch" organisiert hat, zu der auch kritische Stimmen eingeladen waren. Das muss aufhören.


Hier geht es weiter mit dem Artikel Cigdem Topraks über die Zustände an der Frankfurter Goethe-Universität. Dort soll im Mai eine Diskussionsveranstaltung zu der Frage stattfinden, wie man das islamische Kopftuch einzuordnen hat. Eingeladen ist unter anderem "Deutschlands unbeliebteste Feministin Alice Schwarzer" (Toprak). Eine studentische Diskurspolizei macht nun erheblichen Druck, um dieses Gespräch zu unterbinden.

Die Hessenschau berichtet:

Offizielle Stellen halten sich mit Positionierungen zurück. Schirmherr der FFGI-Veranstaltung ist das grün geführte Sozialministerium. Auf hr-Anfrage heißt es dort: "Gerade die argumentative Auseinandersetzung an Universitäten und Hochschulen bereichert den gesellschaftlichen Diskurs. Es ist interessant zu beobachten, wie seitens der Veranstaltungsgegner 'argumentiert' wird. Aber auch hier gilt die freie Meinungsäußerung."

(...) Die Frankfurter Goethe-Universität wird in ihrer Aussage deutlicher. Man sehe sich nicht als Diskurspolizei, "aber Äußerungen wie 'Schröter raus' stehen außerhalb jeglichen sowohl wissenschaftlichen als auch demokratischen Diskurses. Sie sind daher inakzeptabel."


Professor Gerhard Amendt hätte sich sicherlich sehr gefreut, wenn er vergangenes Jahr von der Leitung der Goethe-Universität denselben deutlichen Rückhalt erhalten hätte, als seine Konferenz zum Thema "häusliche Gewalt" angefeindet wurde. Stattdessen verhielt sich die Goethe-Universität enttäuschend. (Siehe auch diesen Offenen Brief von MANNdat.)

Wenn man mit der Freiheit der Wissenschaft derart schludrig umgeht, dass sie nur noch für politisch genehme Positionen gilt, braucht man sich nicht zu wundern, wenn sich Freiheitsfeinde dadurch zu immer weiter gehenden Forderungen ermuntert fühlen.



2. Spiegel-Online verteidigt die Meinungsfreiheit auch von all den Idioten, die der MeToo-Kampagne kritisch gegenüberstehen. Der Artikel ist von einer bizarren Herablassung gezeichnet und vertritt im wesentlichen die These "Man muss auch Irre reden lassen, weil sie nur dann etwas lernen können". Kritische Einwände gegen MeToo sind für den Autor des Artikels, Benjamin Maack, ohnehin nur "Blödheiten", mit denen es pädagogisch umzugehen gilt:

Zum Lernen, das wissen wir alle, gehört es eben auch, sich manchmal zu melden, im Brustton der Überzeugung etwas total Matt-Damon-haftes zu sagen, das einzusehen und das nächste Mal beim selben Thema vielleicht einen etwas weniger doofen Fehler zu machen.


Das eigentlich Erschütternde ist, dass Benjamin Maack sich vermutlich noch für besonders liberal und tolerant hält angesichts seiner Bereitschaft, auch Einwände zu ertragen, von denen er doch von vorneherein weiß, dass sie Schwachsinn sind.

Deutsche Leitmedien: Sie begreifen es wirklich nicht. Auch in diesem Fall geht man am besten gleich zum Lesen der Kommentare unter dem Artikel über.



3. Bei den kanadischen Streitkräften gibt es inzwischen offenbar Positionen, auf die sich weiße Männer erst gar nicht mehr zu bewerben brauchen, weil internen Absprachen nach ohnehin nur Frauen und Minderheiten akzeptiert werden.



4. Die Post. Mein Leser Kevin Fuchs schreibt mir heute zu der verdeckten Frauenquote der FDP:

Hallo Arne,

vor etwa drei Jahren war ich auf einer Einführungsveranstaltung der Friedrich Naumann Stiftung für Stipendiaten. Damals sprach eine blonde Frau auf dem Podium - und ich bin mir ziemlich sicher, dass das Linda Teuteberg war.

Irgendwie kam sie zu dem Thema "Gleichstellung". Sie sagte, sie verstehe nicht, warum in Debatten immer noch so ein großer Unterschied zwischen Männern und Frauen gemacht wird. Nun ja, anhand ihrer eigenen Partei kann sie sich diese Frage heute selbst beantworten.

Es ist ganz einfach: Die FDP hat jetzt damit angefangen, in den Kategorien "die Männer" und "die Frauen" zu denken und zu sprechen. Wenn man mal anfängt, solche Unterscheidungen zu machen, muss dieser Unterschied auch kontinuierlich konstruiert werden. Wie das funktioniert, können wir seit jeher gesellschaftlich beobachten: Männer werden zu Privilegierten und Frauen zu Opfern stilisiert. Wo es nicht anders geht, geschieht das auch unter Ausblendung und Verzerrung der Wirklichkeit. Diese Stilisierungen und Verzerrungen sind notwendig, um überhaupt die Kategorien "Männer" und "Frauen" in dieser Form bilden zu können.

Man sieht das sehr schön am Thema der Partnergewalt, die ja in Deinem Blog immer wieder Thema ist. Die besagten Erkenntnisse aus der Forschung sind seit fast einem halben Jahrhundert bekannt. Aber der Wunsch, die Opferkategorie "Frau" aufrecht zu erhalten, wiegt schwerer als alles andere. Darum konnten diese Erkenntnisse nicht zur gesellschaftlichen Wahrnehmung durchdringen.

Für die FDP bedeutet das, dass sie ab hier die Dinge nicht mehr im Griff hat. Es setzt sich jetzt ein Prozess in Gang, dessen Ausgang für mich völlig klar ist. Um die Frage besagter blonden Frau - mutmaßlich Frau Teuteberg - aufzugreifen: In wenigen Jahren wird die FDP ein Ort sein, an dem es eine sehr große Rolle spielt, ob man ein Mann oder eine Frau ist. Und auch wenn es den FDP-Frauen heute (noch) nicht behagt: Bis dahin wird sich auch in der FDP das klassische Bild der Opferfrauen etabliert haben. Vielleicht gewinnt die FDP mehr weibliche Mitglieder, aber die Unterschiede zwischen Männern und Frauen werden in dieser Partei zukünftig größer und vordergründiger.

Es ist unausweichlich - was einzelne FDP-Mitglieder und Amtsträger denken ist unerheblich. Dieser unsichtbare Prozess - das Konstruieren von "den Männern" und "den Frauen" - ist mächtiger als die FDP-Mitglieder und ihre Überzeugungen. Viele glauben das jetzt vielleicht nicht - darum schlage ich vor: Popcorn auspacken und abwarten - sprechen wir in ein paar Jahren nochmal darüber.

Die FDP erinnert mich gerade ein wenig an die Piratenpartei kurz vor ihrem Verschwinden. Damals glaubten viele, sie könnten Post-Gender sein und das Thema frischer und schlauer angehen als alle anderen. Wenig später brach die feministische Hölle über die Partei herein ... Der Rest ist bekannt. Der Weg der FDP ist für mich vorhersehbar. Auch wenn ich von den Gender Studies als akademisches Fach nicht viel halte: Butler zu lesen hilft.

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